Heute vor 131 Jahren, am 3. Juli 1883, wurde Franz Kafka geboren. Zum ersten Mal begegnete mir dieser außergewöhnliche Schriftsteller auf einer Rolltreppe. Jedes Mal, wenn ich diesen einen Buchladen besuchte und in den zweiten Stock fuhr, fuhr ich an Kafkas Worten vorbei: “Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.” Sie haben sich für immer eingebrannt. Später habe ich dann auch seine Bücher entdeckt, sein Werk, und ich habe es lieben gelernt. Elias Canetti bringt die Faszination, die ich für diesen Schriftsteller hege, auf den Punkt, wenn er sagt, dass Franz Kafka unvergessliche Bilder der Macht entworfen hat – Bilder, die auch heutzutage nichts von ihrer Aktualität verloren haben. Vor einigen Jahren habe ich das Kafka-Museum in Prag besucht und dort eine beeindruckende Reise durch dessen Werk und Leben unternommen.
Franz Kafka hat nicht nur ein beeindruckendes Werk vorzuweisen, das auch heute noch lohnt, entdeckt zu werden, sondern hat auch viele kluge Gedanken zum Lesen geäußert, in denen ich mich ganz und gar wiederfinde.
“Ich glaube, man sollte überhaupt nur solche Bücher lesen, die einen beißen und stechen. Wenn das Buch, das wir lesen, uns nicht mit einem Faustschlag auf den Schädel weckt, wozu lesen wir dann das Buch? Damit es uns glücklich macht, wie Du schreibst? Mein Gott, glücklich wären wir eben auch, wenn wir keine Bücher hätten, und solche Bücher, die uns glücklich machen, könnten wir zur Not selber schreiben. Wir brauchen aber die Bücher, die auf uns wirken wie ein Unglück, das uns sehr schmerzt, wie der Tod eines, den wir lieber hatten als uns, wie wenn wir in Wälder vorstoßen würden, von allen Menschen weg, wie ein Selbstmord, ein Buch muß die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.”
“Zweifellos ist in mir die Gier nach Büchern. Nicht eigentlich sie zu besitzen oder zu lesen, als vielmehr sie zu sehen, mich in der Auslage eines Buchhändlers von ihrem Bestand zu überzeugen.”
Also, lasst uns anstoßen auf einen großartigen Autor und diesen feierlichen Anlass nutzen, heute vielleicht mal wieder eines seiner Bücher aufzuschlagen! 🙂
34 Comments
magguieme
July 3, 2014 at 5:16 pmIch las Kafka erste Mal – damals – ganz unbedarft. Wusste nichts über ihn. Der Prozess. Es war ein Kopfschütteln und Fragen bis zum Schluss, aus den Händen gelegt habe ich es keine Sekunde davon.
buzzaldrinsblog
July 3, 2014 at 5:42 pmMir erging es ähnlich, als ich Kafka damals in der Schule entdeckte – Kopfschütteln und Fragen und doch ein solcher Sog, dass das Buch sich kaum niederlegen lässt. Ich habe schon länger nicht mehr in ein buch von Kafka geschaut, aber ein Geburtstag ist ja immer ein schöner Anlass dafür, dies nachzuholen. 🙂
magguieme
July 3, 2014 at 5:46 pmgenau dasselbe hier 🙂
Petra Gust-Kazakos
July 3, 2014 at 5:42 pmDieser Spruch von Kafka ist wirklich genial, liebe Mara. Ich möchte auch gern noch seine Tagebücher lesen, die werden immer wieder sehr gelobt …
buzzaldrinsblog
July 3, 2014 at 5:44 pmDie Tagebücher kenne ich auch noch nicht, liebe Petra. Ich möchte sie unbedingt irgendwann lesen. Außerdem steht hier noch ungelesen eine Kafka Biographie von Begley, auch die möchte ich gerne einmal lesen …
Petra Gust-Kazakos
July 3, 2014 at 5:48 pmDie von Reiner Stach wurde auch sehr bepriesen. Von ebenjenem habe ich das übrigens ebenfalls sehr empfehlenswerte “Ist das Kafka?” – gibt ganz neue Einblicke! Zumindest für mich, die ich bislang weder Kafka-Bios noch seine Tagebücher las ; )
buzzaldrinsblog
July 5, 2014 at 7:33 pmLiebe Petra,
danke für diesen Hinweis, “Ist das Kafka?” kenne ich noch nicht, es wandert gleich auf meine Wunschliste. 🙂
packingbooksfromboxes
July 3, 2014 at 5:45 pmIrgendwie bin ich grad der ganz festen Überzeugung auch mal in einer Buchhandlung an diesem Satz mit einer Rolltreppe vorbeigefahren zu sein….
Ein schönes Zitat jedenfalls, an das du mich hier noch einmal erinnert hast 🙂
buzzaldrinsblog
July 3, 2014 at 5:47 pmAlso meine Buchhandlung, damals ein Thalia, steht in Bremen – vielleicht bist du ja in der Tat dieselbe Rolltreppe gefahren, oder andere Thalias sind ähnlich gestaltet.
Das Zitat finde ich einfach wunderbar, es bringt so gut auf den Punkt, was mir selbst beim Lesen wichtig ist …
packingbooksfromboxes
July 3, 2014 at 5:53 pmHAH! Dann war es ein und dieselbe Rolltreppe… du weist ja “Hinter Huchting ist ein Graben…” 😀 Lustig, da muss Kafka uns eröffnen, dass wir anscheinend nur eine handbreit auseinanderleben.
Absolut! Ich merke immer wieder, dass ein Buch es schaffen kann mich zu berühren, auch wenn ich allem und allen anderen gegenüber dicht gemacht habe.
buzzaldrinsblog
July 5, 2014 at 9:44 amAuseinanderlebten, denn mittlerweile lebe ich in Göttingen – vor etwa einem Jahr bin ich umgezogen. Wirklich schade, denn ansonsten hätten wir uns bei Kafkas Worten ja sehr gut mal auf einen Kaffee treffen können. 🙂
packingbooksfromboxes
July 6, 2014 at 10:15 amDas ist in der Tat schade! Aber das muss ja nicht heißen, dass sich nicht trotzdem mal die Gelegenheit ergibt 🙂
Janine (@Kapri_zioes)
July 3, 2014 at 6:00 pmHallo,
vor 2 Jahren war ich ebenfalls in Prag im Kafka-Museum. Es war wirklich beeindruckend. Eine solche Atmosphäre habe ich bisher noch nie gespürt. Irgendwie haben die Kuratoren es geschafft, die Bücher zum Leben zu erwecken. Okay, nach dem stundenlangen Museumsaufenthalt waren sowohl meine Freude als auch ich selbst ein wenig depressiv. Wir konnten nicht einfach wie die anderen Touristen über die Karlsbrücke laufen als wäre nichts gewesen. Wir haben uns erstmal eine halbe Stunde auf eine Bank gesetzt und hauptsächlich geschwiegen. Das Kafka-Museum gehört definitiv zu meinen intensivsten Erinnerungen an Prag.
Ganz besonders freue ich mich, dass ich im September wieder mit Freunden nach Prag reisen werde. Ein Freund davon war auch damals schon mit mir auf den Spuren Kafkas und wir sind uns einig, dass wir wieder dieses Museums besuchen müssen.
Wie hast du dich nach dem Museumsbesuch gefühlt?
Liebe Grüße
Janine
buzzaldrinsblog
July 5, 2014 at 9:43 amLiebe Janine,
ersteinmal möchte ich dich herzlich auf meinem Blog willkommen heißen, ich freue mich über deinen Kommentar und darüber, dass du auch begeistert warst von deinem Besuch im Kafkamuseum. Mir erging es ähnlich wie dir, mit dem Betreten des Museums hatte ich das Gefühl, eine Parallelwelt zu betreten, die mich komplett verschlungen hat. Als ich wieder ins Tageslicht hinausgetreten bin, war das zunächst ein ganz seltsames Gefühl – auf jeden intensiv! 🙂 Für deinen nächsten Pragbesuch kann ich dir übrigens auch einen Abstecher zum Mucha-Museum empfehlen, das habe ich mir auch sehr gerne angeschaut: http://www.mucha.cz/index.phtml?Lang=DE
Liebe Grüße
Mara
jancak
July 3, 2014 at 6:13 pmJa, dem Franz Kafka muß ich mich noch vorsichtig annähern. Das heißt “Amerika” habe ich schon gelesen und seine Tagebücher und ein paar seiner Klassiker stehen auf meiner Leseliste, aber irgendwie bin ich nicht so ganz mit dem surrealen und habe mir mit “Amerika” deshalb auch nicht so leicht getan.
buzzaldrinsblog
July 5, 2014 at 9:40 amLiebe Eva,
das Surreale ist natürlich ein wichtiges Element bei Kafka, ich habe damit auch häufig Schwierigkeiten, in diesem Fall funktioniert es aber für mich. Neben “Amerika” kann ich dir auch die Erzählung “Die Verwandlung” und den “Prozess” empfehlen … 🙂 Vielleicht findest du demnächst ja mal etwas von Kafka in einem deiner Bücherschränke.
Liebe Grüße nach Wien
Mara
jancak
July 5, 2014 at 10:40 amSteht alles schon auf der Leseliste, beziehungsweise im “Harlander-Regal”, die Gesamtausgabe hat sich mein Mann einmal gekauft und die “Verwandlung” gabs einmal in Leipzig, wenn man irgendwas unterschrieben hat oder eine Liste ausfüllte. Ich habe nur ein bißchen gebraucht, bis ich mich darüber traute. Meine Beschäftigung im Literatur im Internet, die Präsentation “Kafka in Wien” vor einem Jahr in der “Gesellschaft für Literatur” vor einem Jahr und auch die “Tagebücher”, die ich im Schrank gefunden habe, haben mir dabei geholfen und jetzt bin ich eigentlich schon ein bißchen neugierig.
Was ist übrigens die Bachmann-Schätzung? Wer wird gewählt und wer wird gewinnen?
Meine diesbezüglichen Meinungen darüber werde ich demnächst bloggen.
Kaffeehaussitzer
July 3, 2014 at 7:19 pmAch ja, Kafka. Der beschäftigt mich auch schon mein halbes Leseleben. Am intensivsten war einmal eine Woche in Prag, in der ich nichts anderes gemacht habe als in Kaffeehäusern sitzen und Kafka lesen. Da wird man dann aber schon ein wenig seltsam. Aber es war eine großartige Woche, hier berichte ich etwas ausführlicher darüber: http://kaffeehaussitzer.de/?p=798 Vielen Dank fürs Erinnern und gerne stoße ich auf ihn mit an!
mickzwo
July 4, 2014 at 9:10 amDem kann ich mich nur anschließen, auch wenn ich noch nicht in Prag war. Vielen Dank für den Satz, den ich noch nicht kannte!!
buzzaldrinsblog
July 5, 2014 at 2:24 pmGerne! 😀 Und den den Besuch in Prag und im Kafka Museum solltest du dringend nachholen, ich kann beides nur empfehlen! 🙂
buzzaldrinsblog
July 5, 2014 at 9:38 amOh, herzlichen Dank für den Hinweis auf deinen Beitrag, ich klicke mich da gerne gleich mal rein – ich habe zwar nicht in Kaffeehäusern gesessen, habe meinen Pragbesuch aber auch in intensiver Erinnerung.
Schön, dass wir zusammen auf ihn anstoßen! 🙂
herbstblatt101
July 3, 2016 at 11:03 am..dass man da ein wenig seltsam wird, das glaub ich . 🙂
Ulli
July 3, 2014 at 7:24 pmDiesen Satz kenne ich nicht, aber jetzt wohnt er in mir- danke dafür …
ich aollte vielleicht doch mal wieder Kafka lesen,als junges Ding trug ich seine Erzählungen immer mit mir herum und dann hatte ich irgendwann genug …
danke fürs erinnern
herzliche Grüsse Ulli
buzzaldrinsblog
July 5, 2014 at 9:37 amLiebe Ulli,
wie schön, auch in mir wohnt dieser Satz – ich finde ihn einfach perfekt. Dieses Gefühl, “irgendwann genug” zu haben, kenne ich auch – so erging es mir zum Beispiel mit Stephen King, den ich jahrelang verschlang und irgendwann über hatte – seit kurzem nähern wir uns aber wieder an. 😉
Liebe Grüße
Mara
lesesilly
July 4, 2014 at 4:24 amLiebe Mara,
habe noch nie ein Werk von Kafka gelesen. Welches kannst Du denn zum Einstieg empfehlen? Dein Bericht hat mich jetzt doch sehr neugierig gemacht.
LG
lesesilly
buzzaldrinsblog
July 5, 2014 at 9:33 amLiebe lesesilly,
zum Einstieg bei Kafka würde ich vielleicht die Erzählung “Die Verwandlung” empfehlen, auch “Der Prozess” ist ein Text, den ich dir sehr ans Herz legen kann. Vor einiger Zeit ist unter der Reihe “Das Buch als Magazin” eine interessante Ausgabe zu “Die Verwandlung” erschienen, ergänzt von aktuellen Texten – auch diese ist sehr empfehlenswert. 🙂
Liebe Grüße und viel Freude beim Entdecken von Kafka
Mara
Frank Maria Reifenberg
July 4, 2014 at 1:41 pmGanz großartiges und schön gemachtes Buch, wenn man was von Kafka inspiriertes lesen will: Moacyr Sciliar “Kafkas Leoparden! http://www.lilienfeld-verlag.de/index.php?option=com_content&view=article&id=158&Itemid=98
buzzaldrinsblog
July 5, 2014 at 2:24 pmIch danke dir für diesen Lektürehinweis, lieber Frank. Ich glaube, das Buch habe ich im Buchladen sogar schon mal gesehen und dann doch nicht gekauft – nun steht’s ganz oben auf der Liste! 🙂
Katja
July 10, 2014 at 11:46 amIch habe meine Magisterarbeit in Germanistik 2008 über Kafkas Romanfragmente geschrieben (speziell über seine Frauenfiguren und Mythen von Weiblichkeit) – er ist einer der Autoren, über den weltweit am meisten geforscht wurde und man ist dennoch nie am Ende. Kafka erschließt sich nur, wenn man ihn immer und immer wieder liest und man wird immer Neues entdecken. Die Brisanz seines Werks und die Aktualität ist sicher unbestritten. Er ist kein Autor, der sich leicht lesen lässt, man muss intensiv und aufmerksam lesen und sehr auf jedes noch so nebensächlich scheinende Detail achten, dann wird man merken, wie viel in Kafkas Werk steckt. Der “Proceß” macht Riesenspaß und die Analyse und Forschung hat auch wahnsinnigen Spaß gemacht. Ich empfehle die Biographie von Peter-André Alt und Rainer Stach. Kafka inspirierte so viele andere Autoren. Dazu empfehle ich “Die Hoffnung und das Absurde im Werk von Franz Kafka” von Albert Camus – sehr interessant und eine mögliche Deutung unter vielen weiteren. Immer wieder Kafka lesen, lesen, lesen und sich wundern und daraus lernen!
Büchernische
June 3, 2015 at 9:28 amLiebe Mara,
man spürt, wie sehr du diesen Schiftsteller magst. Ich habe noch kein Buch von Kafka gelesen, muss ich ehrlich gestehen. Vielleicht ist das eine Bildungslücke, die ich sicherlich irgendwann einmal schließen werde. Du empfiehlst “Die Verwandlung” als Einstieg, das ist gut zu wissen. Dann werde ich diesem Buch demnächst mal Lesezeit widmen. 🙂
Ich glaube, dir ist ein kleiner Fehler unterlaufen, kann das sein? Heute ist sein 91. Todestag, geboren wurde er am 3. Juli (das wäre sein 132. Geburtstag), gestorben ist er am 3. Juni. Aber das weiß ich auch nur dank Wikipedia, weil ich gerade nach seinen Werken gesucht habe.
Ich drück dich und möchte dir sagen, dass ich sehr oft hier lese und stöbere, auch wenn ich nicht immer kommentiere ♥
Liebe Grüße auch an Bandit
Sandra
Mara
June 3, 2015 at 9:33 amLiebe Sandra,
danke für deinen lieben Kommentar, über den ich mich sehr freue. Ich habe Kafka in der Schule kennengelernt und seitdem hat er mich nicht mehr losgelassen – zuletzt habe ich mir seine Liebesbriefe an Felice gekauft, die hier liegen und darauf warten, gelesen zu werden. “Die Verwandlung” würde ich dir aber tatsächlich als Einstieg empfehlen – ich bin gespannt darauf, wie dir die Lektüre gefällt.
Der kleine Fehler liegt darin begründet, dass ich passend zu Kafkas heutigem Geburtstag diesen Beitrag nur wieder hervorgekramt habe – erschienen ist er eigentlich schon heute vor einem Jahr, damals hat Kafka seinen hunderteinunddreißigsten Geburtstag gefeiert. 🙂
Danke auch für’s Drücken und für’s Mitlesen – darüber freue ich mich sehr. Ich drücke dich zurück und habe noch einen kleinen Anschlag auf dich vor, was mein Logo betrifft. Vielleicht schreibe ich dir diesbezüglich noch einmal eine Nachricht in den kommenden Tagen.
Liebe Grüße
Mara
Büchernische
June 3, 2015 at 9:38 amAhhhhhhhhhhh 🙂 ich verstehe. Das war auch ganz und gar nicht böse gemeint!
Anschlag? Ich warte mit Vorfreude auf deine Mail 🙂
Liebe Grüße
Sandra ♥
herbstblatt101
July 3, 2016 at 11:00 amEin wunderbarer Post. Aber um Kafka zu lesen, muss ich in der richtigen Stimmung sein.” Der Prozess” zum Beispiel, ist für mich nur im hellwachen Zustand lesbar – also als Abendlektüre, zumindest für mich, völlig ungeeignet.
LG,
Tanja
Alexej Sesterheim
February 18, 2018 at 6:38 pmAnderthalb Jahre später…falls noch jemand hier liest – ich kann ihm/ihr Alice Millers Bemerkungen und Interpretationen zu Kafka – u. a. in “Du sollst nicht merken” empfehlen. Sie hat mir überhaupt erst diese Texte erschlossen – vorher haben sie mich nur deprimiert, und deshalb konnte ich sie kaum lesen.