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lesen statt putzen

Lesen statt putzen

Auf meinen sozialen Kanälen habe ich euch kürzlich davon erzählt, dass ich auf der Leipziger Buchmesse mein neues Lebensmotto gefunden habe: ich trug eine Tasche mit der Aufschrift “Lesen statt putzen” nach Hause. Als ich sie am Stand des Argument Verlags entdeckte, dachte ich, dass es doch keine passendere Tasche für mich geben könnte.

Da ihr alle genauso begeistert von der Tasche wart wie ich, habe ich beim Verlag angefragt, ob es möglich wäre, ein paar davon an meine Leser zu verlosen und schwupps hatte ich einen Stapel davon zu Hause!
Fotor_146019287765914 (1)Hinterlasst mir einfach bis zum 15.4.2016 einen Kommentar und verratet mir, ob “Lesen statt putzen” auch euer Lebensmotto ist – und schon habt ihr die Chance darauf, eine der sechs Taschen zu gewinnen. Ihr könnt mir alternativ natürlich auch eine E-Mail an mara.giese@buzzaldrins.de schreiben.

Ich wünsche euch viel Glück und noch ein wunderbares Wochenende! 🙂

Baba Dunjas letzte Liebe – Alina Bronsky

Alina Bronsky erzählt in ihrem neuen Roman eine Geschichte von Heimat und Heimkehr. Es geht um Tschernobyl und es geht um die Menschen, die trotz der Gefahr zurückkehren, um dort zu sterben, wo sie geboren worden. Aus diesem ernsten Thema macht Alina Bronsky einen sommerlich leichten Roman – das ist nett zu lesen, kann mich aber nicht gänzlich überzeugen.

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Nach dem Reaktorunglück bin ich, wie fast alle, weggegangen. Es war 1986, und am Anfang wussten wir nicht, was passiert war. 

Baba Dunja kehrt in ihr Heimatdorf Tschernowo zurück, um die letzten Tage ihres Lebens dort verbringen zu können, wo sie ihr ganzes vorheriges Leben gelebt hat. Dort wo sie ihre zwei Kinder groß gezogen hat, die schon längst nicht mehr in Russland wohnen. Dort, wo sie ihren Mann Jegor kennengelernt hat. Das Dorf ist idyllisch – von den dreißig halbverfallenden Häusern ist mehr als die Hälfte wieder bewohnt.

Es ist ein erstaunliches Phantasiekonstrukt, das Alina Bronsky in ihrem Roman beschwört: sie erzählt von Menschen, die in die Sperrzone rund um Tschernobyl zurückkehren. Es handelt sich um alte Menschen, um Menschen die bereits erkrankt sind, die nicht mehr viel Leben vor sich haben. Es handelt sich um Menschen, die ihr restliches Leben lieber in ihrer verstrahlten Heimat verbringen, als in einer anonymen Hochhaussiedlung in der Großstadt. Also Gemeinschaft statt Entfremdung und sozialer Kälte. In Tschernowo hat sich tatsächlich eine erstaunliche Gemeinschaft gebildet: da gibt es Baba Dunja, die ehemalige Krankenschwester, die für alle die Dorfvorsteherin ist. Da gibt es Marja und ihren Hahn Konstantin. Da gibt es Petrow, der vom Krebs zerfressen wird. Da gibt es den alten Sidorow, der glaubt, mit seinem Plastiktelefon in die weite Welt hinaustelefonieren zu können. Dabei sind die Leitungen nach Tschernowo schon lange tot. Den Kontakt zur Außenwelt hält Baba Dunja per Post, Brief um Brief schickt sie zu ihrer Tochter und Enkelin nach Deutschland.

Tschernowo ist nicht groß, aber wir haben einen eigenen Friedhof, weil die in Malyschi unsere Leichen nicht mehr wollen. Im Moment wird in der Stadtverwaltung diskutiert, ob für eine Beisetzung der Tschernowo-Leute in Malyschi ein Bleisarg vorgeschrieben werden soll, weil verstrahlte Materie auch dann weiterstrahlt, wenn sie nicht mehr lebt.

Alina Bronsky erzählt diese Geschichte erstaunlich und poetisch – trotz der bedrückenden Lage, in der sich die Dorfgemeinschaft befindet, tragen die Bewohner ihr selbstgewähltes Schicksal mit einer seltsamen Mischung aus Gleichmut und Resignation. Der ruhige Erzählfluss nimmt zur Hälfte des Buches dann schließlich doch noch Fahrt auf: plötzlichen tauchen Fremde im Dorf auf und der Zusammenhalt der dörflichen Gemeinschaft wird nachhaltig erschüttert. Die plötzlich rasant einsetzende Handlung wirkte auf mich wenig stimmig, sondern schon fast ein bisschen herbeigezwungen. Ohne zu viel darüber zu verraten, was passiert, kann ich doch so viel sagen, dass die Handlung ab einem gewissen Punkt eine Wendung nimmt, mit der ich mich nur noch schwer anfreunden konnte.

Baba Dunjas letzte Liebe ist ein seltsames kleines Büchlein: gemocht habe ich die alte Dame. Baba Dunja geht tapfer durch ihr Leben und strahlt dabei eine gewisse melancholische Heiterkeit aus. Die Schwierigkeiten, die ihr im Leben begegnen, meistert sie mit stoischer Ruhe. Diese kleine Frau, die eigentlich gar nicht wirklich Baba Dunja heißt, hat mich mit ihrem Durchhaltewillen beeindruckt: sie liebt ihr Leben und sie liebt ihre Heimat, auch wenn sich diese in eine verstrahlte Sperrzone verwandelt hat.

Wenn ich mich in meinem Alter noch über Menschen wundern würde, käme ich nicht mal mehr zum Zähneputzen.

Alina Bronsky schafft auf gerade einmal 150 Seiten ein kleines Paradies, bei dem man manchmal fast vergessen kann, dass es verstrahlt ist. Es ist ein Paradies, das von Pragmatismus und Zufriedenheit geprägt ist, einer Zufriedenheit, die sich dadurch auszeichnet, dass auf diesem kleinen Fleckchen Erde eine Handvoll älterer Menschen ein selbstbestimmtes Leben führen können. Das lässt sich schnell lesen, das berührt stellenweise, ab und an kann man auch lachen – doch sehr viel mehr bleibt leider für mich nicht übrig. Es gäbe so viel mehr zu erzählen über die Menschen in Tschernowo, es gäbe so viel mehr zu erzählen über all die losen Fäden, über das Reaktorunglück, über die seltsamen Fremden, die das Dorf aufsuchen, über die Enkeltochter. Doch all das wird nur angerissen und gestreift – was mir dabei fehlt, ist die Tiefe, die aus Baba Dunjas letzte Liebe mehr macht als eine nette und schnell zu lesende Lektüre für den Nachmittag.

Alina Bronsky: Baba Dunjas letzte Liebe. Roman. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2015. 160 Seiten, 16,90€. Auf Buzzaldrins Bücher gibt es bereits eine Besprechung zu Nenn mich einfach und Superheld sowie ein Interview mit der Autorin.

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