Obwohl dies schon der insgesamt achtzehnte Roman von Antonio Munoz Molina ist, ist es erst der erste, den ich von ihm gelesen habe. Jetzt kann ich nur sagen “leider”, denn Molina gehört für mich nach der Lektüre dieses Romans zu einem der größten Schriftsteller und “Die Nacht der Erinnerungen” wird sicherlich nicht das letzte Buch sein, was ich von ihm gelesen haben werde.
Zeitlich spielt das Buch irgendwann Ende Oktober 1936 in Madrid – also zu der Zeit, als der Bürgerkrieg in Spanien beginnt auszubrechen und man erfährt gleich zu Beginn, dass die Hauptfigur auf der Flucht nach Amerika ist. Im Mittelpunkt der Handlung steht der Architekt Ignacio Abel, der als junger Mann in Weimar studiert hat. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder, ist aber schon lange nicht mehr ausgefüllt und zufrieden mit diesem Leben. Durch einen Zufall lernt er – ein Jahr vor seiner Flucht – die junge amerikanische Studentin Judith Biely kennen und beide beginnen eine leidenschaftliche Affäre. Ignacio Abel verheimlicht sein Doppelleben gegenüber seiner Frau und aus diesem Grundstein entwickelt sich die folgende Geschichte. In “Die Nacht der Erinnerungen” wird ausgehend vom Moment der Flucht Ignacio Abels nach Amerika die Verwicklungen und Geschehnisse der letzten Monate nacherzählt.
Auf der Folie von Ignacio Abels Leben erzählt Molina von dem Leben und den Verhältnissen in Spanien in den 30er Jahren. Als Leser erfährt man auf den beinahe 1000 Seiten sehr vieles über die Politik, die Familienstruktur, über das Gefälle zwischen den Armen und Reichen, den Intellektuellen und den einfachen Arbeitern. All dies schaukelt sich langsam immer stärker hoch – bis zum Ausbruch der Revolution.
Bei diesem Roman ist das Wort “Panorama” wirklich angebracht – Molina entwirft ein beeindruckendes und intensives Panorama des spanischen Bürgerkriegs, in den Ignacio Abel immer stärker verwickelt wird. Auch andere Figuren bilden eine interessante Folie, vor allem der deutsche Professor Rossmann fällt mir in diesem Zusammenhang ein, der schon aus Deutschland flüchten musste und schließlich zu müde ist, um auch wieder in Spanien seine Heimat aufzugeben. Er bezahlt den Preis dafür, denn eines Tages wird er von spanischen Aufständischen aus seinem Hotelzimmer mitgenommen und verschwindet.
“Die Nacht der Erinnerung” zeichnet sich für mich durch eine sehr gut erzählte Geschichte, aber vor allem auch durch einen ganz besonderen Sprachrhythmus, eine fantastische Sprachmelodie aus.
“Die Nacht ist ein bodenloser Schlund, in dem sich alles zu verlieren scheint und doch weiterlebt und überdauert, zumindest eine Zeit lang, solange die Erinnerung frisch bleibt und wach der Verstand dessen, der mit offenen Augen im Bett liegt und lauscht.”
Ich habe mit diesem Roman einen neuen Autor entdeckt, von dem ich – so schnell wie möglich – sicherlich noch weitere Bücher lesen werde.
2 Comments
Elena Fernández del Valle
July 27, 2013 at 2:50 amMein Lieblingsautor!
Grüsse aus Mexiko.
buzzaldrinsblog
July 29, 2013 at 8:27 amIch habe sein Buch auch sehr gerne gelesen, er ist ein großartiger Schriftsteller! Grüße aus Breme! 😀