5 Fragen an Kathrin Weßling!

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© Thomas Duffé

Kathrin Weßling wurde 1985 geboren und schreibt Prosastücke und Geschichten. In diesem Jahr hat sie mit “Drüberleben” ihren Debütroman veröffentlicht. Sie lebt als freie Autorin und Texterin in Hamburg und Berlin und führt einen sehr lesenswerten Blog.

1.)    Warum wollten Sie Schriftstellerin werden?

Das war keine Entscheidung, kein Ergebnis eines Berufswahltestes, kein Moment, in dem ich entschieden hätte, dass das mein Beruf sein soll. Im Grunde wäre die ehrlichste Antwort: Weil ich das machen wollte, von dem ich glaubte, es am Besten zu können. Ich habe vieles ausprobiert, war Regie-Assistentin am Theater, Souffleuse, Texterin, Studentin. Aber am Ende habe ich für keinen Job mehr gebrannt als für das Schreiben. Und dass ich das zu meinem Beruf machen konnte liegt eher an Entscheidungen anderer, eben jener, die meine Bücher kaufen, sie finanzieren, sie mögen.

2.)    Gibt es einen Schriftsteller oder einen Künstler, der Sie auf Ihrem Weg besonders inspiriert hat?

In den letzten Jahren: Jonathan Franzen. Er hat für mich einen neuen Maßstab gesetzt, den ich an jedwede Form der Literatur anlege. Aber auch Siri Hustvedt und Juli Zeh. Am wichtigsten war jedoch vor über einem Jahrzehnt die Lektüre von „Soloalbum“ von Benjamin Stuckrad Barre: danach wusste ich, dass Literatur auch jenseits von Thomas Mann und Goethe existiert, dass Schreiben auch wild, zügellos und schnell sein kann (und darf!).

3.)    Wann und wo schreiben Sie am liebsten?

Nachts. Alleine. Ohne Musik, ohne ein Wort. Ich brauche die Stille auf eine sehr physische Art. Wenn ich schreibe dann ziehe ich mich in meinen Kopf zurück, dann lebe ich einige Stunden in einem Raum, der mit dem Außen nichts mehr zu tun hat. Jedes äußere Geräusch stört mich dann und jede Störung kann mich dann aus dem Rhythmus bringen. Um diesen Zustand zu halten hat sich nur die Nacht bewährt, wenn der Verkehr ruhiger wird, das Telefon nicht mehr klingelt und es nichts zu tun gibt, das noch heute dringend erledigt werden will.

4.)    Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?

Ich lese gerade sehr viel, mindestens drei Bücher in der Woche, deshalb sind es eher mehrere, die da zu nennen wären. In der letzten Woche waren das „Vielen Dank für das Leben“ von Sibylle Berg, „Der Mann schläft“ von eben jener, „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ von John Green und gerade aktuell „Sunset Park“ von Paul Auster.

5.)    Was würden Sie einem jungen Schriftsteller raten?

Zunächst: Lesen! Es gibt meiner Meinung nach kaum etwas Wichtigeres für einen Schriftsteller (neben dem Schreiben an sich selbstverständlich), als zu lesen. Ich merke einem Buch sofort an, ob der Autor viel gelesen hat oder nicht. Alles andere ist leider eine Sache von Zeit, Glück, Talent und Durchhaltevermögen. Es gibt unheimlich gute Schriftsteller, die erst Jahrzehnte nach ihrem Debüt erfolgreich waren. Andere erst nach ihrem Tod. Es kann also nicht schaden sich darauf einzustellen, dass es ein bisschen dauern kann, bis man erfolgreich vom Schreiben leben kann (wenn überhaupt). Darüberhinaus glaube ich zwar nicht an den Mythos, dass ein/e Schriftsteller/in jeden Tag schreiben muss, um im Fluss zu bleiben, aber sich täglich ein paar Notizen zu machen, Gedanken und Ideen festzuhalten ist in jedem Fall existentiell wichtig. Und am Ende (und das ist ein Rat, der meiner Meinung nach zu selten gegeben wird): Sei mutig, probiere Neues aus, sei wild und frei in deinem Schreiben, reglementiere dich nicht, probiere aus, was für dich richtig erscheint.

Vielen Dank an Kathrin Weßling für die Beantwortung meiner Fragen! 

4 Comments

  • Reply
    Mila
    October 3, 2012 at 10:43 am

    Lesen! Der Rat ist sicher richtig, wobei ich mich schon frage, wieso Menschen Schriftsteller werden wollen, die keine Bücher lieben/ lesen?! (Welches Genre ist da ja unerheblich, aber ich werd ja auch nicht Pilotin bei Höhenangst…)

    • Reply
      buzzaldrinsblog
      October 4, 2012 at 5:44 pm

      Liebe Mila,
      herzlichen Dank für deinen Besuch und deinen Kommentar!
      Ich musste über deinen Vergleich mit der Pilotin schmunzeln, da hast du sicherlich Recht. Der Ratschlag viel zu lesen von Kathrin Weßling wurde in den bisherigen Interviews nicht zum ersten Mal genannt, den gab es häufiger. Ich finde das sehr interessant, da man natürlich als Schriftsteller auch selbst Bücher lesen sollte – aber ich als exzessive Leserin habe manchmal schon fast das Gefühl, dass ich – wenn ich denn etwas produzieren wollen würde – gar nicht eigenes leisten könnte, da ich so voll an allen möglichen Texten bin, dass doch alles eine Kopie sein würde. Vor einigen Tagen habe ich ein Interview mit Jakob Arjouni gelesen, der interessanterweise sagte, dass er – wenn er schreibt – nur Georges Simenon liest, um sich nicht und wenn doch positiv beeinflussen zu lassen.

      Viele Grüße
      Mara

  • Reply
    Markus Rybacki
    October 3, 2012 at 12:13 pm

    Sie kommt sympathisch rüber… und hat auch tolle Antworten gegeben. Man merkt, dass sie sich Zeit für das Interview genommen hat.
    Finde ich gut! 🙂

    • Reply
      buzzaldrinsblog
      October 4, 2012 at 5:52 pm

      Das kann ich nur unterschreiben: ich finde das auch gut und toll und immer wieder erstaunlich, dass die Autorinnen und Autoren so freundlich und bereit dazu sind, meine Fragen zu beantworten. Um so mehr freue ich mich, dass die Interviews hier immer wieder auf Interesse stoßen! 🙂

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