Die Verleihung des Deutschen Buchpreis – eine Feier der Literatur!

Im Kaisersaal des Frankfurter Römer wurde gestern – am Vorabend der Eröffnung der Frankfurter Buchmesse – der Deutsche Buchpreis verliehen. Das beeindruckende Ambiente des Kaisersaals war genauso stimmungsvoll, wie die ganze Veranstaltung. Das Publikum war gespickt mit Literaturgrößen wie Michael Krüger und Jo Lendle, aber auch mit prominenten Namen: von Michel Friedman bis zu Bärbel Schäfer.

Ambiente

Nachdem zunächst Prof. Dr. Felix Semmelroth, Kulturdezernent der Stadt Frankfurt am Main zu Wort kam, folgte von Prof. Dr. Gottfried Honnefelder die Ansprache zur Preisverleihung. Doch bevor, der Preisträger bekannt gegeben wurde, stellte Gert Scobel, der für die Moderation zuständig gewesen ist, zunächst die Jury des Deutschen Buchpreis vor. Der Juryvorsitzende Helmut Böttinger wurde vom Moderator in ein literarisches Kreuzverhör genommen. Der freie Kritiker und seine fünf Kollegen und Kolleginnen hatten die Mammutaufgabe, aus 254 Romanen zunächst eine Longlist und später eine Shortlist zu erstellen und damit eine Auswahl, mit der selten alle zufrieden gestellt werden können. Gert Scobel konstatierte, dass eine Shortlist selten zuvor so intensiv diskutiert worden ist, wie in diesem Jahr. Helmut Böttinger gelang es mit Souveränität und Ruhe eine Shortlist zu begründen, mit der ich selbst nicht immer ganz einverstanden gewesen bin. Für ihn bedeutet der Begriff Anspruch nicht gleich, dass etwas schwer lesbar ist und dennoch hat ein Wort wie Anspruch heutzutage beinahe schon etwas Anrüchiges. Kriterien habe die Jury bei der Bewertung der Romane nicht gehabt, doch zwei Begriffe standen in ihrer Herangehensweise an die ausgewählten Bücher besonders im Mittelpunkt: die Sprachkunst und die Sprachästhetik. In diesem Sinne bezeichnet Helmut Böttinger die Shortlist als ein Kompendium der gegenwärtigen Sprachästhetik.

Moderation

Im Anschluss wurden die fünf Autoren und zwei Autorinnen in Kurzfilmen vorgestellt, die Überraschendes offenbarten: Mirko Bonné verriet das Ende seines eigenen Romans, Terézia Mora verriet dagegen, dass eine Fortsetzung bereits in Planung ist und über Clemens Meyer erfuhren wir, dass er sich unter dem Pseudonym Günter Meyer als Künstler verdingt.

Schließlich, um kurz vor 19 Uhr, war es endlich soweit und Terézia Mora wurde als Preisträgerin des Deutschen Buchpreis 2013 bekannt gegeben. Ausgezeichnet wurde die Autorin für einen Roman, der, geteilt durch einen schwarzen Strich, eine Geschichte einer Ehe erzählt. Es ist die Geschichte zweier Charaktere, getragen von zwei Textformen. In der Begründung der Jury wird “Das Ungeheuer” als sowohl tiefbewegend, als auch zeitdiagnostisch bezeichnet. Lautem Applaus folgte eine sympathische Rede einer sehr sympathischen Autorin. Obwohl ihr empfohlen wurde, eine kleine Rede vorzubereiten, hat sie sich im Vorfeld keine Notizen gemacht. Vom Pressechef des Luchterhand Verlags wurde ihr geraten “Thank you, Mom!” zu sagen. Das sagte Terézia Mora dann auch, unter anderem. Darüber hinaus bedankte sie sich für die brauchbaren und auch unbrauchbaren Gespräche während des Schreibprozesses, denn ob brauchbar oder nicht, es ist besser, Gespräche zu führen, als nicht zu sprechen. Der schönste Satz der Dankesrede war das Bekenntnis Moras zu ihrer eigenen Literatur: “Ich stehe mit dem ganzen Leben hinter jedem einzelnen Satz.”

Preisträgerin

Herzlichen Glückwunsch an Terézia Mora, die in einem starken Jahr einen wichtigen Literaturpreis gewonnen hat. Glückwunsch aber auch an all die anderen nominierten Autoren und Autorinnen, die mit ihren Werken den bisherigen Bücherherbst bestimmt haben. Die Jury des Deutschen Buchpreis kann nicht den Geschmack der Lesermasse bedienen, wenn es denn so etwas überhaupt gibt, aber sie können spannenden, guten aber auch polarisierenden und diskussionswürdigen Büchern eine Bühne bieten und Leser und Leserinnen zum Lesen anregen, aber auch zum Diskutieren. Ist das nicht das Wichtigste?

An diesem Montagabend wurden viele wichtige und richtige Dinge gesagt, doch zwei Sätze sind mir besonders im Gedächtnis geblieben: “Literaturpreise sind die Leuchttürme der heutigen Literaturwelt” und die “Verleihung des Deutschen Buchpreis ist der Sonnenaufgang der beginnenden Frankfurter Buchmesse”. Am Ende dieses Abends – mitten im Sonnenaufgang des Blitzlichtgewitters – stand mit dem “Ungeheuer” von Terézia Mora nur noch ein Roman von ursprünglich sechs Titeln im Mittelpunkt und doch war es gleichzeitig mehr als das: eine großartige Feier für die Literatur und von der Literatur. Mein Literaturherz schlägt Kapriolen vor Glück, hautnah dabei gewesen sein zu können.

23 Comments

  • Reply
    Muromez
    October 8, 2013 at 9:14 am

    Ein spannendes Ereignis wunderbar geschildet – danke dafür!

    • Reply
      buzzaldrinsblog
      October 13, 2013 at 3:34 pm

      Gern geschehen! Und danke für die schöne Rückmeldung! 😀

  • Reply
    Xeniana
    October 8, 2013 at 9:16 am

    Ja, da schließe ich mich muromez an und würde es gerne rebloggen.

    • Reply
      buzzaldrinsblog
      October 13, 2013 at 3:33 pm

      Schööön, freut mich, dass dich der Bericht so begeistern konnte! 😀

  • Reply
    Xeniana
    October 8, 2013 at 9:18 am

    Hat dies auf Familienbande rebloggt und kommentierte:
    Buzzaldrin war bei der Preisverleihung des deutschen Buchpreises live dabei und berichtet hier wunderbar vn ihren Erlebnissen.

  • Reply
    Bücherphilosophin
    October 8, 2013 at 9:35 am

    Wie wunderbar, dass Du berichtest. Jetzt fühle ich mich ein klein wenig so, als wäre ich auch dabei gewesen 🙂
    Schade, dass Buchpreisverleihungen nicht auch im Fernsehen übertragen werden. Das geschieht immer so still und leise und danach wundern sich alle, warum so ein Buchpreisgewinner kein Bestseller wird.

    LG, Katarina 🙂

    • Reply
      buzzaldrinsblog
      October 13, 2013 at 3:33 pm

      Liebe Katarina,

      in der Tat könnte die Verleihung auch mal im Fernsehen übertragen werden – die Autoren hätten diese Aufmerksamkeit in jedem Fall verdient. Doch zumindest kann man sich die Verleihung mittlerweile ja online ansehen und im Radio zuhören – wenigstens etwas. 😀

      Liebe Grüße
      Mara

  • Reply
    Karo
    October 8, 2013 at 10:03 am

    Oh Gott, ich bin gerade durch Gert Scobels Langhaarmatte total vom Text abgelenkt…wann ist DAS passiert?

    • Reply
      buzzaldrinsblog
      October 13, 2013 at 3:32 pm

      Ich war auch irritiert und habe Gert Scobel im ersten Augenblick kaum erkannt. In echt sieht es aber nicht so schlimm aus, meine fotografischen Künste lassen leider auch etwas zu wünschen übrig. 😉

  • Reply
    dasgrauesofa
    October 8, 2013 at 10:57 am

    Liebe Mara,
    Die Jury ist ija doch hren bisherigen Entscheidungen deutlich treu geblieben und hat einen Text gewählt, den wir alle nicht so wirklich auf der Rechnung hatten. Das ist schon eine interessante Wahl, aber mit Blick auf die Begründung der “Kriterien” wohl nachvollziehbar. Vielleicht sollte ich es doch mal mit dem Roman versuchen… Als Böttiger, von Scobel befragt, die Kriterien der Jury erläuterte, dachte ich nur: Ha, der Jirgl bekommt ihn! Das war aber auch falsch getippt. — Übrigens habe ich beim Gucken des Livestreams immer wieder im Publikum herumgeschaut, Dich aber leider ncht entdeckt. Hast Du auch noch ein wenig vom weiteren Abendprogramm mitbekommen?
    Viele Grüße, Claudia

    • Reply
      buzzaldrinsblog
      October 13, 2013 at 3:30 pm

      Liebe Claudia,

      ich hatte Terézia Mora in der Tat nicht auf dem Zettel und war sehr überrascht von der Entscheidung, ihre sympathische Rede hat mich aber sofort überzeugen können und ich werde das Buch bald lesen und bin bereits außerordentlich gespannt. Bei der Buchmesse konnte ich der Autorin zuhören, wie sie Passagen vorgelesen hat und war sehr angetan.
      Ich saß im vorderen Mittelfeld, wahrscheinlich gut versteckt vor den Kameras. 😉 Da ich am selben Abend noch nach Göttingen zurückreisen musste, habe ich vom Abendprogramm nicht viel mitbekommen können, war aber ganz kurz auf dem sehr schönen Empfang.

      Liebe Grüße
      Mara

  • Reply
    macg82
    October 8, 2013 at 11:31 am

    Ein sehr schöner Bericht von einem Ereignis, an dem man nicht alle Tage teilnimmt. Sehr interessant geschrieben und ich freue mich schon auf weitere Eindrücke von der Frankfurter Buchmesse. Viel Spaß und angenehme Lesestunden

    • Reply
      buzzaldrinsblog
      October 13, 2013 at 3:28 pm

      Lieber Marc,

      nein, alle Tage wird man sicherlich nicht auf die Verleihung des Deutschen Buchpreis eingeladen – dementsprechend habe ich mich auch darüber gefreut und die Veranstaltung, besonders die Atmosphäre, sehr genossen. Von der Buchmesse erhole ich mich gerade noch … 🙂

      Liebe Grüße
      Mara

  • Reply
    tinsch
    October 8, 2013 at 11:37 am

    Ich war auch dabei … leider nur am Laptop. Aufgeregt und ganz Ohr für die vielen schönen Sätze, die im Sinne von guter Literatur gefallen sind. Und die du fabelhaft zusammengefasst hast, Mara. Ich meine wohl, dich in der ersten Viertelstunde mal habe aufblitzen gesehen. “Das Ungeheuer” habe ich noch nicht gelesen, doch es ist bestellt!

    • Reply
      buzzaldrinsblog
      October 13, 2013 at 3:24 pm

      Liebe Martina,

      oh, du hast mich in der Tat kurz entdeckt? Ich saß auf der rechten Seite im vorderen Mittelfeld – direkt in der Nähe von Mora, Jirgl und Meyer. Irgendwie war das eine ganz besondere Atmosphäre. 🙂 Ich finde auch, dass bei der Verleihung sehr viele schöne und wahre Sätze gefallen sind und freue mich schon auf meine Lektüre von “Das Ungeheuer”, denn ich bin schon sehr gespannt auf den Roman!

      Liebe Grüße
      Mara

  • Reply
    buchstabentraeume
    October 8, 2013 at 1:43 pm

    Liebe Mara,

    vielen Dank, dass du uns durch diesen überaus gelungenen Bericht an einem interessanten Abend teilhaben lässt. Es ist fast so, als wären wir alle dabei gewesen. 🙂

    • Reply
      buzzaldrinsblog
      October 13, 2013 at 3:22 pm

      Ach, ich freue mich sehr über deine Worte und darüber, dass ich euch mit meinem Bericht ein Stück weit alle zu der Preisverleihung holen konnte. 🙂

  • Reply
    skyaboveoldblueplace
    October 8, 2013 at 4:21 pm

    Liebe Mara,
    vielen Dank für Deinen schönen Bericht. Interessant finde ich besonders die Quintessenz des, wie Du es so schön nennst, ‘literarischen Kreuzverhörs’ mit Herrn Böttinger.
    Da haben wir Sprachkunst und Sprachästhetik als wichtigste Nicht-Kriterien und das benennen der Shortlist als ein ‘Kompendium der gegenwärtigen Sprachästhetik’.
    Naja, ganz schön hochgegriffen, aber um ehrlich zu sein, ich misstraue solchen Begriffen und Sätzen immer ein wenig. Was mich mein Literaturstudium immerhin gelehrt hat ist, dass man in der theoretischen Beschreibung fast immer alles aus allem machen kann. Und so gesehen ist das alles eine sehr subjektive Sache mit den Literaturpreisen.
    Ich finde sie übrigens trotzdem prima, vor allem deshalb, weil die Autoren, welcher Sprachästhetik auch immer, sich zumindest meist davon eine Zeit relativ sorglosen Schreibens erkaufen können und das ist doch schon mal was.
    Ich weiss zwar nicht, ob der Buchpreis irgendwie mit einem, Geld- oder Sachpreis dotiert ist, aber ich habe aus der Berichterstattung gelernt, dass der Preis immer für mindestens eine 100tausender Auflage gut ist. Das hat ja auch nicht jede/r AutorIn.
    Das Buch von Frau Mora hab ich zwar noch nicht wirklich auf meiner Liste, aber tatsächlich mag ich solche Experimente.
    Liebe Grüsse, Kai

    • Reply
      buzzaldrinsblog
      October 13, 2013 at 3:20 pm

      Lieber Kai,

      danke für deine Gedanken zu meinem Bericht. Gerade weil ich mich sehr intensiv mit der Longlist in diesem Jahr beschäftigt habe, empfand ich das Interview mit Helmut Böttinger als sehr beeindruckend und interessant. Die Aspekte, die er benennt, finden sich in der Tat in allen sechs Titeln der Shortlist wider und seine Erläuterungen haben mir dabei geholfen, die Auswahl der Jury besser verstehen zu lernen.
      Mit dem Deutschen Buchpreis ist auch ganz sicher eine gewisse Geldsumme verbunden, auch für die Nominierten der Shortlist. 🙂 Ich finde es übrigens in Ordnung, wenn man den Preis kritisiert, ich würde mir dann nur wünschen, dass Alternativen aufgezeigt werden könnten. Der Deutsche Buchpreis bringt Literatur ins Gespräch und bringt Bücher ins Gespräch, die sicherlich nicht sowieso schon auf der Bestsellerliste gestanden hätten. Von der Perspektive aus betrachtet, finde ich diesen Preis eine schöne Einrichtung und freue mich für die nominierten Autoren und Autorinnen.

      Mora steht hier schon im Regal und ich freue mich auf die Lektüre! 😀

      Liebe Grüße
      Mara

  • Reply
    haushundhirschblog
    October 8, 2013 at 8:09 pm

    Danke, liebe Mara,

    für diesen feinen Text und Deine Unermüdlichkeit, das Lesen, Bücher, Autoren und Literatur-Events uns näher zu bringen.
    Wir freuen uns immer wieder sehr darüber!!

    Dass Terézia Mora der “Deutsche Buchpreis” in diesem Jahr verliehen wurde, hat uns weniger überrascht, als sie selbst. Zwar haben wir auch einige kritische Rezensionen gelesen, aber überwiegend hatten wir den Eindruck, dass sie den Preis erhalten wird.

    Das Buch werden wir sicher lesen!
    Herzliche Grüße, dm und mb

    • Reply
      buzzaldrinsblog
      October 13, 2013 at 3:15 pm

      Hallo ihr beiden,

      ich freue mich ganz doll über eure lieben Worte und den schönen Kommentar, der mir runter geht wie Öl (um einmal in der Sprache von Terézia Mora zu bleiben).

      Ich muss gestehen, dass ich sie für den Preis überhaupt nicht auf dem innerlichen Zettel hatte. Dort standen Jirgl und Meyer und die Hoffnung, dass keiner der beiden ihn erhalten möge. Die Daumen gedrückt hielt ich für Bonné, schade, dass er ihn nicht gewinnen konnte.

      Das Buch von Mora werde ich aber auch lesen!

      Liebe Grüße
      Mara

  • Reply
    Kaffeehaussitzer
    October 9, 2013 at 9:05 am

    Ein sehr emotionaler Beitrag, schön geschrieben. So, dass man es bedauert, nicht selbst dabeigewesen zu sein. Danke, dass Du uns daran teilhaben lässt.

    • Reply
      buzzaldrinsblog
      October 13, 2013 at 3:07 pm

      Danke für das schöne Kompliment zu meinem Beitrag, ich freue mich, dass ich dabei gewesen bin und hoffe, im nächsten Jahr stellt der Börsenverein noch ein paar mehr Plätze für Literaturblogger zur Verfügung. 😉

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