Das Schönste am Literaturnobelpreis ist eigentlich das Geraune und Gerede in den Tagen davor – es ist schon fast standesgemäß, dass in den Tagen und Wochen vor der Preisverleihung von den üblichen Verdächtigen gesprochen wird: von Haruki Murakami bis hin zu Philip Roth und ebenso typisch ist es, wenn es dann keiner der Genannten wird. So auch dieses Jahr! Stattdessen wurde Musiker und Songwriter Bob Dylan mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet!
Bob Dylan – also! Als ich mir im Livestream die Verkündung anschaute, war das Geraune und Gelächter im Saal groß. Es ist gerade Mal zwei Jahre her, dass Andreas Platthaus in der FAZ zu dem Fazit kam, dass Bob Dylan den Literaturnobelpreis zwar verdienen, aber nie erhalten würde! Jetzt hat er ihn schließlich doch noch bekommen. Die Begründung der Jury liest sich wie folgt: Bob Dylan erhält den Literaturnobelpreis, da er “neue poetische Ausdrucksformen innerhalb der großen amerikanischen Song-Tradition” erschaffen habe. Damit ist der 75-Jährige der erste Songtexter, der jemals den Literaturnobelpreis erhalten hat.
Ich kann zu der Verleihung erstaunlich wenig sagen, da ich tatsächlich keinen einzigen Song von Bob Dylan kenne. Bombardiert mich also gerne mit Empfehlungen und Tipps in den Kommentaren – ich bin für alles offen!
Ein Musiker als Literaturnobelpreisträger muss für viele Buchhändler zunächst einmal eine Enttäuschung sein, es gibt aber erstaunlich viel von und über Bob Dylan zu lesen:
Heinrich Detering: Bob Dylan – Robert Shelton: Bob Dylan – Bob Dylan: Alle Songs – Bob Dylan: Chronicles Volume 1 – Sean Wilentz: Bob Dylan und Amerika – Bob Dylan: Lyrics – Heinrich Detering – Bob Dylan
Ganz besonders gespannt bin ich auf die erste Ausgabe der Chronicles – den Tagebüchern von Bob Dylan – in die ich auf jeden Fall einen Blick rein werfen werde.
So ist die diesjährige Entscheidung beim Literaturnobelpreis zwar eine Überraschung für mich und sicherlich auch für viele andere, aber gleichzeitig auch die Möglichkeit, einen Autor und Musiker ganz neu zu entdecken! Was Schöneres könnte es doch eigentlich nicht geben. Und wie gesagt: wenn ihr noch Tipps haben solltet, dann immer her damit!
13 Comments
fraggle99
October 13, 2016 at 12:30 pmMeine Kenntnis über das Werk von Bob Dylan ist ähnlich überschaubar. 😉
Er mag den Preis verdient haben, aber irritiert bin ich doch. Mögen seine Texte auch als Lyrik empfunden werden, so bleiben sie in Verbindung mit Musik eben – nun ja – Musik halt! Und für Musiker gibt es doch eigentlich schon eine unüberschaubare Menge an anderen Preisen, wie “Grammy”, “ECHO”, “Brit Awards” etc.
Aber hey, mein Seelenheil hängt davon jetzt auch wieder nicht ab. 😉
Mara
October 13, 2016 at 12:59 pmIch finde es eine interessante Entscheidung – zu der ich mich eben nicht allzu kompetent äußern kann, da ich Bob Dylan nicht kenne. Ich kenne aber andere Lieder und Songtexte, die mir manchmal ebenso viel bedeuten, wie ein ganzes Buch. Die Tendenz der Entscheidung kann ich also schon teilen, auch wenn sie ungewöhnlich ist.
Die FAS hat vor Jahren mal eine Liste der besten Schriftsteller unter vierzig Jahren veröffentlicht und darauf auch Maxim gesetzt, einen Rapper, der mit seinen Lieder aber unheimlich viel auszudrücken vermag. Damals war ich ähnlich irritiert wie jetzt – auch wenn ich die Entscheidung weiterhin spannend finde!
Liebe Grüße
Mara
Sebastian
October 13, 2016 at 12:45 pmÜbrigens – apropos Literatur: Der Mann mit dem Bart, der oben im Video links am Bildrand steht, ist Allen Ginsberg.
Mara
October 18, 2016 at 4:00 pmOh, danke für den Hinweis – das habe ich nicht gewusst!
Karin
October 13, 2016 at 12:57 pmIch versteh irgendwie tatsächlich auch nicht, wieso viele so “entsetzt” sind, dass er den Literaturnobelpreis bekommen hat. Klar, ist er nicht ein “typischer Autor”, aber ich mein selbst Songtexte sind doch oftmals literarisch wertvoll und sind voller Gefühle; wie gesungene Gedichte eben. Daher werde ich mich auch mal schlau machen, was es so Lesenswertes von ihm gibt. : )
Liebe Grüße
Karin
Mara
October 13, 2016 at 1:01 pmLiebe Karin,
ja, das Entsetzen kann ich tatsächlich auch nicht nachvollziehen – seine Songtexte können sehr wohl gesungene Lyrik sein, wie du es ja auch so schön schreibst. Natürlich war ich im ersten Moment irritiert, nun freue ich mich aber darauf, einen neuen Autor und Künstler kennen lernen zu können. Für mich ist das auf jeden Fall kein Grund dafür, entsetzt zu sein!
Liebe Grüße
Mara
Sebastian
October 13, 2016 at 1:11 pmIch als Dylan-Fan freue mich natürlich über die Auszeichnung. Allerdings, so paradox das klingen mag, ist sie für die Lyrik an sich eher eine schlechte Nachricht. Denn sie manifestiert den Bedeutungsverlust, den Gedichte usw. in ihrer Wahrnehmung und Wirkung erfahren haben, und den sie in meinen Augen vorrangig der modernen Popmusik verdanken. Ich lese relativ selten Gedichte, nehme dafür aber regelmäßig Songtexte auf. Gerade wenn man sieht, wie populär beispielsweise textlastige Musikrichtungen, wie etwa Hip Hop, derzeit sind, hat man eine Ahnung, welche Bedeutung die Lyrik vielleicht in der Romantik oder der Zeit des Sturm und Drang hatte.
Ute
October 13, 2016 at 3:13 pmLiebe Mara!
Ich freue mich sehr darüber und finde, dass Bob Dylan einen wichtigen Preis verdient hat. Ob es ausgerechnet der Literaturnobelpreis sein muss, sei mal dahingestellt. Der Friedensnobelpreis hätte für mich besser gepasst.
Ich kann nicht glauben, dass du keine Bob Dylan Songs kennst.
Hier ein paar Titel:
Blowin’ in the wind, Masters of War, Mr. Tambourine Man, Like a Rolling Stone, Knockin’ on Heaven’s Door, Don’t think twice, it’s all right…
Mein abolutes Lieblingslied ist “Just like a woman”.
Viel Freude beim Entdecken wünscht dir
Ute
Mara
October 18, 2016 at 4:02 pmLiebe Ute,
ich habe mittlerweile auch schon festgestellt, dass ich im Laufe meines Lebens viele der Lieder gehört habe – ohne zu wissen, dass die Songs von Bob Dylan sind. Das ist gerade auf jeden Fall eine ziemlich spannende Entdeckungsreise. 😉
Liebe Grüße
Mara
Bücherflocke
October 15, 2016 at 7:48 pmDu kennst keinen Song von Bob Dylan! Sofort losgehen und “The Times, they are a-changing” anhören! Mehr Infos weiß außerdem mein netter Gastblogger, zu finden unter https://buecherflocke.wordpress.com/2016/10/15/auf-eine-cola-mit-judas-und-billy-the-kid/
Dieser Gastblogger heißt gewissermaßen Bob Dylan mit zweitem Vornamen:-)
Herzliche Grüße,
die Flocke
Mara
October 18, 2016 at 3:36 pmLiebe Flocke,
ich schäme mich ja auch schon fast für diese kleine Bildungslücke – deshalb ganz lieben Dank für deine zusätzlichen Tipps, das genannte Lied läuft hier gerade schon!
Liebe Grüße
Mara
the lost art of keeping secrets
October 16, 2016 at 4:18 amLiebe Mara,
ich finde die Entscheidung toll. Dass Lyrics endlich als Lyrik wahrgenommen werden, ist doch nur konsequent. Ich höre bei Liedern immer auf den Text. 😉 Und von Bob Dylans Liedern fällt mir noch All along the watchtower ein. Das hat dann Hendrix gecovert.
Liebe Grüße, eva
Mara
October 18, 2016 at 3:35 pmLiebe Eva,
für mich haben Lieder auch eine ganz große und wichtige Bedeutung, deshalb finde ich diese Entscheidung auch spannend. Danke dir auch für den Hörtipp, das Lied werde ich mir gleich mal zu Gemüte führen.
Liebe Grüße
Mara