Das Leben und das Schreiben: 5 Ratschläge von Kurt Vonnegut

Heute vor zehn Jahren ist der Autor Kurt Vonnegut gestorben – für mich entdeckt habe ich diesen Autor vor langer Zeit durch seinen beeindruckenden Roman Schlachthof 5, der erst kürzlich in einer Neuauflage bei dem Verlag Hoffmann & Campe erschienen ist. Diese Neuauflage gab es vollkommen zu Recht! Die Art und Weise wie Kurt Vonnegut in diesem Roman seine deutsche Kriegsgefangenschaft und die Luftangriffe auf Dresden verarbeitet und beschreibt, ist ein zeitloses und bewegendes literarisches Dokument.

Ich habe mich damals nach dieser Entdeckung, die bestimmt schon über zehn Jahre zurückliegt, einmal quer durch das literarische Werk von Kurt Vonnegut gelesen. Besonders beeindruckt hat mich dabei ein kleines Büchlein mit dem Titel Mann ohne Land, in dem Vonnegut autobiographisch vom Leben, dem Schreiben und der Politik von George Bush erzählt. Anlässlich des heutigen Todestages habe ich mich erneut durch das Buch gelesen und dabei ist mir aufgefallen, wie viele kleine Ratschläge und Lebensanweisungen sich darin eigentlich verstecken – die fünf schönsten, klügsten und witzigsten davon habe ich für euch zusammengestellt.

Verwendung von Satzzeichen:

Hier kommt eine Lektion in Kreativem Schreiben. Erste Regel: Benutzt keine Semikola. Sie sind hermaphroditische Transvestiten, die absolut nichts bedeuten. Sie bedeuten höchstens, dass ihr auf dem College wart.

Die Bedeutung des Schreibens:

Wenn ihr eure Eltern wirklich quälen wollt und nicht den Nerv habt, schwul zu werden, könnt ihr es zumindest mit den Schönen Künsten versuchen. Hab keinen Spaß gemacht. Mit der Kunst kann man sich keinen Lebensunterhalt verdienen. Sie ist eine sehr menschliche Methode, das Leben erträglicher zu machen. Eine Kunst auszuüben, egal, wie gut oder schlecht, ist eine Methode, die Seele wachsen zu lassen, verdammtnochmal. Singt unter der Dusche. Tanzt zur Musik im Radio. Erzählt Geschichten. Schreibt jemand Liebem ein Gedicht, gern auch ein lausiges. Macht es so gut, wie ihr nur irgend könnt. Ihr werdet eine Riesenbelohnung dafür kriegen. Ihr werdet etwas geschaffen haben.

Beschäftigung mit Literatur

Ich denke, dass es enorm erfrischend sein kann, wenn ein Literaturschaffender etwas anderes im Kopf hat als die Geschichte der Literatur bis zum heutigen Tag. Literatur sollte nicht in ihrem eigenen Arschloch verschwinden, sozusagen. (aus: Paris Review Volume 1)

Die Mechanik des Erzählens

So viel von dem, was beim Geschichtenerzählen passiert, ist Mechanik, hat mit den technischen Problemen zu tun, wie man erreicht, dass eine Geschichte funktioniert. Cowboygeschichten und Polizistengeschichten enden zum Beispiel mit Schießereien, weil Schießereien die verlässlichsten Mechanismen sind, um solche Geschichten zu Ende zu bringen. Nichts ist besser als der Tod, um zu sagen, was zu sagen schrecklich künstlich ist: das Ende. Ich versuche tiefschürfende Liebe aus meinen Geschichten herauszuhalten, weil es schier unmöglich ist, über etwas anderes zu reden, wenn das Thema erst auftaucht. Leser wollen von nichts anderem hören. Sie drehen bei Liebe förmlich durch. Wenn der Liebhaber in einer Geschichte seine wahre Liebe für sich gewinnt, ist  das das Ende der Erzählung, selbst wenn der Dritte Weltkrieg losbräche und der Himmel sich mit fliegenden Untertassen schwarz färbte. (aus: Paris Review Volume 1)

Und zuletzt: ein Ratschlag für das Leben


Wer jetzt vielleicht Lust darauf bekommen hat, die Bücher von Kurt Vonnegut zu entdecken, der kann sich gerne durch die folgende Auswahl stöbern.

Schlachthof 5Denis Scheck: Kurt VonnegutHundert-Dollar-KüsseDer taubenblaue Drache

5 Comments

  • Reply
    simonsegur
    April 11, 2017 at 6:16 pm

    Vielen Dank für den Vonnegut-Hinweis – einer (von vielen) der Autoren, die ich schon lange mal erlesen will. Die Ratschläge sind zwar griffig und witzig, aber eben auch nur das. Wer aufs arme kleine Strichpünktchen schimpft, der will nicht nur das Semikolon streichen, sondern gleich auch Groß- und Kleinschreibung. Und das wäre einfach schade …

    • Reply
      Mara
      April 11, 2017 at 7:20 pm

      Lieber Simon,

      sehr gerne, Kurt Vonnegut ist einer Autor, den ich sehr gerne gelesen habe und immer wieder lesen könnte. 🙂 Die Ratschläge sind natürlich auch mit einer Portion Witz formuliert, sie enthalten für mein Empfinden aber auch immer eine Kleinigkeit, über die es sich lohnt länger nachzudenken. Ich weiß zum Beispiel, dass mich der Rat mit dem Semikolon sehr lange geprägt hat.

      Liebe Grüße
      Mara

  • Reply
    Herr Hund
    April 12, 2017 at 10:59 am

    Ich kann dazu nur sagen, und ist mir überhaupt nicht peinlich:
    https://hundstrueffel.wordpress.com/2015/03/10/verdammtnochmal/?frame-nonce=6a11e7f6c5

    • Reply
      Mara
      April 12, 2017 at 11:03 am

      Ein sehr schönes Bild, Herr Hund!

  • Reply
    wildgans
    April 23, 2017 at 10:17 am

    Gerade lese ich das kleine Buch über sehr, sehr heftige Zeiten im Leben des Paares Vonnegut zuende, von seiner Exfrau geschrieben: Jane Vonnegut Yarmolinsky: Engel ohne Flügel.
    Beeindruckend, wie die Frau es fast alleine geschafft hat, zu ihren drei Kindern urplötzlich noch vier Jungs dazu zu bekommen…Sie schreibt nicht Kurt sondern Curt.Ist aber unwesentlich.

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