5 Fragen an Andreas Martin Widmann!

© Ramune Pigagaite.

© Ramune Pigagaite.

Andreas Martin Widmann wurde 1979 in Mainz geboren, wo er auch heute immer noch lebt. Sein Magisterexamen hat er mit einer Arbeit über Martin Walser abgeschlossen. “Die Glücksparade” ist sein erster Roman und ich freue mich sehr, dass er dazu bereit war, meine fünf Fragen zu beantworten.

1.) Warum wollten Sie Schriftsteller werden?

Es ist schwer, sachliche und gute Gründe dafür zu finden, als sollte man im sog. Jobcenter einen Berufswunsch begründen. Natürlich ist mir Literatur sehr wichtig, aber nur das ist es nicht. Vielleicht, weil Schreiben – und also der Beruf des Schriftstellers, im besten Fall – bedeutet, sich nicht auf einen Beruf festlegen zu müssen. Man kann schreibend oder erzählend mal diesen oder jenen ausüben, man kann Apfelpflücker werden oder Verwalter auf einem Campingplatz oder Bauarbeiter und das alles in einem und alles in einem Buch.

2.) Gibt es einen Schriftsteller oder einen Künstler, der Sie auf Ihrem Weg besonders inspiriert hat?

Einen zu benennen oder zwei oder drei, selbst zehn oder zwanzig würde es zu sehr einengen. Faszinierend an Literatur, Musik oder Kunst überhaupt finde ich gerade die Vielfalt der Ausdrucksformen, die jeweils mit eigenen Mitteln auf die Welt reagieren. Was formale Einflüsse angeht, sind amerikanische Erzähler für meinen ersten Roman wichtig gewesen. Das merkt man beim Lesen sicher schnell.

3.) Wann und wo schreiben Sie am liebsten?

Ich schreibe gerne auf Zugfahrten, dann allerdings ausschließlich ins Notizbuch. Manchmal schreibe ich dann mehrere Seiten hintereinander am Stück. Seltsamerweise wird der Drang zu schreiben oder zumindest etwas aufzuschreiben bei mir gerade dann besonders stark, wenn die Möglichkeit dazu scheinbar nicht gegeben ist.

4.) Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?

„Das Leben geht weiter“, den ersten Roman von Hans Keilson, mit dessen Werk ich mich zur Zeit auch als Literaturwissenschaftler beschäftige. Keilson gehört zu den Schriftstellern, von denen man glaubt, sie seien erfunden von einem anderen Schriftsteller wie Roberto Bolaño. Keilson war deutscher Jude. Sein erster Roman erschien 1933, wurde sofort von den Nazis verboten. Wenige Jahre später ging Keilson ins Exil nach Holland, war dort unter falschem Namen im Untergrund aktiv, schrieb nach dem Krieg noch zwei großartige Bücher, die in Deutschland kaum gelesen wurden, er arbeitete als Psychoanalytiker und starb im letzten Jahr mit 101. Ein unglaubliches Leben.

Ich lese aber immer mehrere Sachen gleichzeitig. Im Moment u.a. die Tagebücher von Allen Ginsberg, „What Am I Doing Here“ von Bruce Chatwin und George Orwells „Down and Out in Paris and London“.

5.) Was würden Sie einem jungen Schriftsteller raten?

Ich bin jetzt 32, damit gehöre ich nach den ungeschriebenen Statuten des deutschen Literaturbetriebs, Feuilletons und Förderwesens selbst noch zu den „jungen Schriftstellern“, kann also keine Ratschläge geben, sondern muss mir selbst welche erteilen lassen…

Vielen Dank für dieses Interview an Andreas Martin Widmann!

6 Comments

  • Reply
    Annegret
    June 29, 2012 at 10:49 pm

    Ich bin begeistert von den Antworten. Am besten hat mir gefallen, daß Andreas Martin Widmann sagt, daß Schreiben im besten Fall bedeutet, sich nicht auf einen Beruf festlegen zu müssen.
    Danke für die Präsentation.

    LG
    Annegret

    • Reply
      buzzaldrinsblog
      July 3, 2012 at 1:03 pm

      Liebe Annegret,
      ich freue mich sehr über deine lieben Worte und die damit verbundene Bestätigung dieser neuen Rubrik. Ich hätte nie erwartet, dass die Schriftsteller mir so begeistert antworten. Ich fand die Begeisterung von Widmann für Hans Keilson sehr interessant, da Keilson ein Schriftsteller ist, der auch mich fasziniert und den ich sehr gerne gelesen habe.

      Herzlichen Dank für deinen Kommentar
      Mara

  • Reply
    haushundhirschblog
    June 30, 2012 at 1:09 pm

    Vielen Dank für dieses feine Interview!
    mb

    • Reply
      buzzaldrinsblog
      July 3, 2012 at 1:06 pm

      Vielen lieben Dank für deinen Kommentar! Ich freue mich darüber, dass die Interviews auf Interesse stoßen! 🙂

  • Reply
    Jenny
    July 5, 2012 at 2:13 pm

    Nun ja, man muss sich im Idealfall nicht auf einen Beruf festlegen, das stimmt wohl, jedoch muss man schon sehr viel Selbstdisziplin mitbringen, was besondere Anstrengungen erfordern kann. Interessantes Interview 😉

    • Reply
      buzzaldrinsblog
      July 5, 2012 at 6:07 pm

      Liebe Jenny,
      herzlich willkommen auf meinem Blog und ganz lieben Dank für deinen Kommentar. Ich freue mich sehr darüber, dass dir das Interview mit Andreas Martin Widmann gefallen hat. Es stimmt, dass man sicherlich eine gehörige Portion Selbstdisziplin braucht und auch wenn ich gerne würde, glaube ich nicht, dass ich in der Lage wäre diese aufzubringen. Deshalb bewundere ich Schriftsteller auch so sehr … 🙂

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