Kunst aus Büchern

Vor fast einem Jahr habe ich euch zum ersten Mal vom Upcyling erzählt: Upcycling funktioniert so ähnlich wie das Recycling. Um Müll zu vermeiden, wird Abfall als Material zur Herstellung neuer Produkte wiederverwendet. Was für eine schöne – und sinnvolle! – Idee! Auch Bücher kann man natürlich upcyclen. Bücher, die man nicht mehr lesen wird oder noch nie gelesen hat, können so in eine neue Form transformiert werden. Ich habe damals aus einem alten und zerfledderten Geschichtsbuch ein neues Notizmäppchen erstellt.

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Während es beim Upcycling um eine Wiederverwertung eines abgenutzten Gegenstandes geht oder gar manchmal auch um eine Aufwertung, geht es in Art made from books tatsächlich um richtige Kunst. Während für mich Bücher in den meisten Fällen ein Ort der Geschichten sind, ein Ort des Glücks, der Traurigkeit oder der guten Unterhaltung, wird in diesem Buch deutlich, dass Bücher auch schlichtweg gegenständliche Objekte sein können. In diesem Fall nicht nur irgendwelche Objekte, sondern wunderschöne Kunstobjekte. Als ich die Einleitung las, habe ich übrigens erfahren, dass es schon fast eine kleine Buchkunstbewegung gibt, die alte Bücher in Kunst verwandelt: es wird gemalt, ausgeschnitten, es entstehen Skulpturen oder sogar Schmuckstücke. Ein halbwegs offizieller Begriff für diese Tätigkeit ist übrigens die Wendung altered books – vielleicht so viel wie verwandelte Bücher. Die Idee dahinter ist übrigens nicht neu, bereits im 18. Jahrhundert hat man – überwiegend in Großbritannien – mit Büchern gearbeitet und dabei ihre Form und Struktur verwandelt.

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Art made from books wurde von Laura Heyenga zusammengestellt, das Vorwort stammt von Brian Dettmer (einem der Buchkünstler) und die Einführung hat Alyson Kuhn geschrieben. Das Buch versammelt Werke von insgesamt siebenundzwanzig Künstlern, die hochwertig fotografiert wurden und kurzen wissenschaftlichen Texten gegenübergestellt werden, die sich darum bemühen, die Kunstwerke einzuordnen. Zusätzlich gibt es unter den Fotos Informationen zu den Kunstwerken: der Name, das Entstehungsdatum und das Material, mit dem gearbeitet wurde, werden erwähnt. Es ist erstaunlich, wie unglaublich unterschiedlich all die Buchkunstwerke sind. Es gibt literarische Schmuckstücke: Ringe, Armbänder oder Halsketten, die aus endlosen Schichten Papier entstanden sind. Eine andere Künstlerin, Jennifer Collier, nutzt einzelne Seiten aus alten Kochbüchern und Bedienungsanleitungen, um damit Schuhe, Kleidungsstücke oder auch Haushaltsgegenstände aufzuwerten. Auch alte Telefonbücher können in Kunst verwandelt werden. Viele der fotografierten Kunstwerke sind in gewisser Hinsicht atemberaubend, da es ihnen gelingt, den Betrachter in die Bücher hineinzuziehen. Die Künstler lassen durch ihre eigenen Hände und ganz unterschiedliche Werkzeuge Geschichten lebendig werden.

Laura Heyenga hat ein wunderbares Kaffeetischbuch zusammengestellt: die Werke der siebenundzwanzig Künstler sind allesamt ganz und gar unterschiedlich in ihrer Form, ihrer Größe und ihrem Umfang. Es gibt kleine zierliche Schmuckstücke, aber auch riesige Skulpturen, die aus über hunderten von Büchern bestehen. Das Buch lädt dazu ein, immer wieder durchgeblättert und neu entdeckt zu werden. Art made from books ist ein wunderbares Buch für Bücherliebhaber – wer Bücher, Worte und Kunst liebt, der wird auch dieses Buch lieben.

Neues

Wer nun übrigens auf den Geschmack gekommen ist, der kann auch zunächst einmal ausgiebig im Internet weiterstöbern: bei Pinterest gibt es das wunderbare Board Old Books into Artauch auf Inspiration Green gibt es eine schöne Zusammenstellung aus Buchkunst. Wer gleich losbasteln möchte und eine Anleitung sucht, wird hier fündig oder auch bei Flavorwire, dort werden 10 Bastelideen vorgestellt. Darüber hinaus gibt es einen interessanten TED Talk mit Brian Dettmer, einem der im Buch vertretenen Künstler. Auch zwei deutsche Buchempfehlungen gibt es: in Neues aus alten Büchern und Kunst aus Büchern sind ganz viele tolle Ideen versammelt.

11 Comments

  • Reply
    madameflamusse
    May 16, 2015 at 6:55 pm

    supercool 😉

    • Reply
      Mara
      May 19, 2015 at 2:07 pm

      Finde ich auch, oder? 🙂 Leider verfüge ich nicht über genug Talent, um all das nachbasteln zu können.

      • Reply
        madameflamusse
        May 19, 2015 at 2:55 pm

        ich glaube Übung macht die Meisterin 🙂 man kann sich ja ein Projekt aussuchen. Ich finde so oft alte Bücher und wollte die gern zu irgendwas verwenden anstatt Sie wegzuschmeißen. Hab schon maö überlegt das man damit auch ne lustige Tapete hätte 😀

  • Reply
    skyaboveoldblueplace
    May 17, 2015 at 12:17 pm

    Liebe Mara,
    das ist mal ein ganz aussergewöhnlicher Post, der mich besonders deshalb sehr gefreut hat, weil ich mich selber auch seit einiger Zeit für Buchkunst und Künstlerbücher interessiere.

    Das kommt auch daher, dass wir mit der Galeristin Susanne Padberg befreundet sind, die seit 1995 ihre Galerie Druck und Buch betreibt, erst in Tübingen, seit Anfang 2013 in Wien, direkt neben dem Siegmund-Fteud-Museum in der Berggasse 21… Ein Blick auf ihre Homepage http://www.druckundbuch.de und dann insbesondere ins Archiv lohnt sich sehr.

    Ich bin immer wieder fasziniert, was man aus Bücher alles machen kann, wie man sie gestalten kann, wie man den Inhalt aufnehmen, verändern, weiterführen, zweckentfremden kann, aber auch, wie man mit der Form des Buches spielen kann.

    Ganz herzlichen Dank für diesen schönen Artikel und ie bildnerische Besprechung von Art made of books!

    Lieber Grüsse
    Kai

    • Reply
      Mara
      May 19, 2015 at 2:15 pm

      Lieber Kai,

      danke für deinen hochinteressanten Kommentar, darüber habe ich mich sehr gefreut. Ich weiß gar nicht mehr ganz genau, wann ich eigentlich über diese Buchkunst gestolpert bin. Ich bin schon vor Jahren immer in einen Buchladen gegangen, indem zahlreiche Buchskulpturen standen. Als ich dann dieses Buch hier entdeckt habe, wusste ich sofort, dass ich es haben möchte.

      Danke für den Hinweis auf Susanne Padberg, im Sigmund-Freud-Museum war ich sogar schon einmal, aber das ist bereits viele Jahre her. Diese Galerie klingt sehr spannend und genau nach meinem Geschmack – ich werde mir die Internetseite gleich einmal anschauen!

      Ich finde es auch faszinierend, was man mit Büchern alles machen kann – manche Kunstwerke sind ja tatsächlich eine gewisse Erweiterung des Buches, die Geschichte wird in eine andere Form transformiert. Ich bin schon gespannt darauf, in welche Richtung sich das in der Zukunft noch entwickeln wird.

      Liebe Grüße
      Mara

  • Reply
    irveliest
    May 18, 2015 at 6:31 am

    Was es nicht alles gibt! Wahnsinn, danke für diesen Artikel!

    • Reply
      Mara
      May 19, 2015 at 1:41 pm

      Gerne! 😀 Ich war da irgendwann ganz zufällig mal drüber gestolpert und musste dann unbedingt dieses Buch haben – man kann sich darin ganz und gar verlieren, ich bedauere es nur manchmal über kein Bastektalent zu verfügen!

      • Reply
        irveliest
        May 19, 2015 at 4:57 pm

        Da geht es mir wie dir. Ich finde so viele Basteleien, auch die von dir vorgestellten, sehr schön….aber mit zwei linken Händen lässt es sich besser lesen und tippen als töfte zu basteln 🙂

  • Reply
    lesenmachtschoen
    May 18, 2015 at 8:16 am

    Mal etwas ganz anderes … Ich bin begeistert! Und gespannt, was es als nächstes auf Deinem Blog zu entdecken gibt 🙂

    • Reply
      Mara
      May 19, 2015 at 1:40 pm

      Danke für deinen Besuch und deinen Kommentar, über den ich mich sehr freue! 🙂 Mir macht es immer großen Spaß auch mal etwas Abseitigere Dinge zu entdecken, da freue ich mich doch, dass dich das begeistern konnte!

  • Reply
    Petra van Cronenburg
    January 13, 2017 at 3:30 pm

    Schöne Besprechung! Als ich im vergangenen Jahr anfing, Schmuck aus alten Büchern zu fertigen, entdeckte ich plötzlich die absolut reiche Welt der Papierkunst, öfter auch unter Paper Art zu finden. Unwahrscheinlich, was für Sparten es da gibt. Die Links und das Buch zur Buchkunst selbst kannte ich noch nicht, dankeschön!
    Übrigens fasziniert mich an alten, kaputten Büchern, wie unterschiedlich ihr Papier auf Manipulationen reagiert.

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