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Alles Abseitige

Bibliophiles Upcycling!

Den Begriff Upcycling gibt es bereits seit mehr als 20 Jahren und bedeutet so viel wie “Wiederverwertung” oder auch “Wiederaufbereitung”. Zuletzt erfreut sich das Upcycling jedoch zunehmender Beliebtheit. Dabei geht es im eigentlichen Sinne nicht nur um eine Wiederverwertung, sondern auch und vor allen Dingen um eine Aufwertung des abgenutzten Gegenstandes.

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Es gibt kaum einen Gegenstand, den ich häufiger in meinem Zuhause vorfinde, als Bücher. Bücher zieren mittlerweile nicht nur meine Regale, sondern auch meinen Fußboden, überall liegen sie quer irgendwo drauf, irgendwo drin oder irgendwo drunter. Dabei handelt es sich nicht nur um Bücher, die mir wahnsinnig am Herzen liegen, sondern auch um Bücher, in die ich seit Jahren nicht mehr reingesehen habe und das wohl auch nie wieder tun werde. Als ich dann in einer der letzten Ausgaben der Handmade Kultur vom Buch als Zipper-Bag las, wusste ich: diese Idee ist eine Idee für mich! Wie praktisch, dass sie sich auch noch so leicht umsetzen lässt. Die schwierigste Hürde bei diesem Projekt war das Heraustrennen des bibliophilen Innenlebens, denn auch wenn ich das Buch wohl nie mehr lesen wollen würde, bricht es mir doch das Herz, Büchern zu Leibe zu rücken. Gebraucht wird für das Zipper-Bag dann lediglich ein Reißverschluss, das Innenleben des ehemaligen Buches kann man dann ganz nach Geschmack und Vorliebe verändern. Ich habe mir ein Lesungsmäppchen erstellt, in das ich, während ich PROSANOVA besucht habe, Ideen, Gedanken und Notizen eingetragen habe – auch mein Visitenkärtchen hatte ich praktischerweise direkt zur Hand.

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Vielleicht fühlt ihr euch ja nun auch dazu angeregt, das eine oder andere Buch ebenfalls zu upcyclen! 🙂 Ich wünsche schon jetzt ganz viel Vergnügen dabei!

Eine Feier der Literatur.

Peosa Blog

Vom 29. Mai bis zum 1. Juni fand in Hildesheim das Literaturfestival PROSANOVA statt. Veranstaltungsort war eine leerstehende Hauptschule, aus der im nächsten Jahr eine Grundschule werden soll. Sinnvoll genutzt wurde sie in der Zwischenzeit von Schreibschülern und Schreibschülerinnen der Universität Hildesheim, die in Eigenregie dieses (sicherlich) einzigartige Lesefestival auf die Beine gestellt haben. Organisatorische Hürden, in Form von Wartezeiten und längeren Schlangen, ließen sich dabei nicht vermeiden, konnten aber verschmerzt werden. Ausgerichtet wurde das Festival unter dem Motto Bekenntnisse, ein passendes Motto, denn die vier Tage kamen einem Bekenntnis zur Kraft und Schönheit der Literatur gleich.

An den vier Festivaltagen lasen über 100 Autoren. Die Veranstalter haben es sich dabei zum Ziel gesetzt, die Lesung, die häufig zu einem etwas eingestaubten sekundären Ereignis verkommt, durch experimentelle und ungewöhnliche Formateneu zu definieren. Zwei szenische Lesungen führten die Zuschauer in die Turnhalle, auch wenn sich der Sinn der Performance im Zusammenhang mit dem Text, nicht immer erschließen wollte.

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Bei der wahnwitzigen Rotten Kinck Schow wurde das Publikum von Ann Cotten, Monika Rinck und Sabine Scho nicht nur mit Globolikügelchen bespuckt, sondern es flog auch Pizzabelag und das ein oder andere ging sogar kaputt. Sehenswert war auch der absurde und hochkomische Powerpointvortrag von Wolfram Lotz, der gekonnt über die somalische Piraterie referierte. Durch die experimentellen Formate zeigte auch der ein oder andere Literat mal ganz neue Seiten von sich. Von Clemens Meyer, bei dem man befürchten musste, er würde bis in den Morgengrauen monologisieren, erfuhr man, dass er einmal eine Maus in seinem Bett vorfand, leidenschaftlich gerne Roulette spielt und ein Fan von Chuck Norris ist. Sein Stallgespräch endete mit einem Aufruf zur Gewalt. Darüber hinaus gab es jedoch auch Debatten ernsthafterer Natur, zum Beispiel das sehr interessanter Kritikergespräch zwischen Florian Kessler, Ina Hartwig und Georg Diez.

PROSANOVA gehört für mich zu den Phänomenen, die man selbst erlebt haben muss. Zu den Phänomenen, die sich für Menschen, die nicht dabei gewesen sind, nur schwer beschreiben lassen. Als Literaturfestival lebt es natürlich vor allen Dingen von der Literatur, darüber hinaus hat es aber auch eine ganz besondere literarische Atmosphäre. Ich habe mich ein wenig gefühlt wie auf Klassenfahrt, überall traf ich auf Menschen, die eine ähnliche Begeisterung, Liebe, Obsession für Literatur haben, wie ich. Plötzlich habe ich mich nicht mehr wie ein seltsamer Literatur-Nerd gefühlt, sondern wie ein Teil eines Ganzen – aufgehoben, angekommen. Vielleicht war dieses Gefühl mein wahres PROSANOVA-Highlight, darüber hinaus haben mich aber auch die folgenden drei Veranstaltungen begeistert:

1. Vor dem Fest, Lesung und Gespräch mit Saša Stanišić und Jörn Dege

Die Lesung von Saša Stanišić war die Veranstaltung, die einer klassischen Lesung wohl am nächsten kam. Es war eine Mischung aus Lesung und Gespräch, bei dem man viel erfahren konnte über die Entstehungsgeschichte des Romans und die Recherchereise des Autors in die Uckermark. Souverän moderiert wurde das Gespräch von Jörn Dege. Wenn ich das Buch noch nicht besitzen würde, hätte ich es mir anschließend sofort gekauft.

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 2. Auf Inseln

Das Lesungsformat Auf Inseln lud dazu ein, acht Autoren und Autorinnen auf ihren jeweiligen Inseln, oder besser: Sofagruppen, zu entdecken. Die Lesungen wurden mit einem Gongschlag eingeläutet und wieder beendet. Dem Zuhörer blieb es überlassen, wen er besuchen wollte, wem er zuhören wollte, wie lange er auf einer Insel verweilen und wann er wieder weiterziehen wollte. Ein experimentelles Format, das für mein Empfinden jedoch wunderbar funktioniert hat.

Auf Inseln

3. #brandtlendlereich / Social Reading

socialreadingDas Prinzip der Veranstaltung mag auf den ersten Blick kompliziert klingen, es war jedoch denkbar einfach und unfassbar unterhaltsam: Jo Lendle, Jan Brandt und Annika Reich haben unveröffentlichte Texte von sich selbst online gestellt und gegenseitig korrigiert und kommentiert – ohne die Kommentare der anderen zu kennen. Die Texte und Kommentare wurden an diesem Abend vorgelesen, was mitunter hochkomisch war und für heitere Ausgelassenheit im Publikum sorgte. Abseits aller Humorigkeit deutet Social Reading, das Stichwort der Veranstaltung, aber auch darauf hin, dass das Schreiben vielleicht schon längst nicht mehr die Tätigkeit eines Eremiten ist, sondern langsam zu einer sozialen Gemeinschaftstätigkeit werden kann. Sinnbildlich stehen dafür Adler & Söhne, die auch in Hildesheim zu Gast waren: eine Bürogemeinschaft von Schriftstellern und Lektoren, die gemeinsam ein Büro mieten, um einen geregelten Arbeitsalltag zu simulieren.

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Mein abschließendes Fazit für dieses viertägige Literaturfest, fällt beinahe uneingeschränkt begeistert aus. Natürlich gab es auch Veranstaltungen, die mich nicht erreicht haben und Lesungen, die sich mir nicht erschlossen haben. Alles in allem wird dies jedoch von den vielen schönen und interessanten Lesungen aufgewogen. Darüber hinaus  habe ich vier Tage lang eine wunderbare Atmosphäre und Stimmung aufgesaugt, die ich nun am liebsten um mich herum verteilen und weitergeben würde – vielleicht gelingt mir das ja ein wenig durch meinen Bericht.

Erste Eindrücke aus Hildesheim …

Auch wenn es mir nicht so vorkommt, bricht heute bereits der letzte Tag in Hildesheim an. Gefühlsmäßig hat PROSANOVA gerade erst begonnen und schon ist es vorbei, na  ja … noch nicht ganz! Aber so kommt es mir zumindest vor.

Heute gibt es die ersten visuellen Eindrücke aus Hildesheim … später natürlich mehr darüber, wie Clemens Meyer eines Nachts eine Maus in seinem Bett fand, die somalische Piraterie und wie Jo Lendle, Annika Reich und Jan Brandt ihre Texte gegenseitig Korrektur lesen.

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Es wird wieder gelesen …

Auch in diesem Jahr wird in Klagenfurt wieder um die Wette gelesen; bereits seit 1977 wird unter dem Motto Tage der deutschsprachigen Literatur der Ingeborg-Bachmann-Preis verliehen. Im vergangenen Jahr wurde er von Katja Petrowskaja gewonnen, in diesem Jahr lesen folgende Autoren und Autorinnen:

  • Michael Fehr
  • Olga Flor
  • Romana Ganzoni
  • Katharina Gericke
  • Anne-Kathrin Heier
  • Gertraud Klemm
  • Karen Köhler
  • Roman Marchel
  • Birgit Pölzl
  • Kerstin Preiwuß
  • Tex Rubinowitz
  • Tobias Sommer
  • Senthuran Varatharajah

Über Gewinner und Verlierer bestimmt eine Jury, die sich dieses Jahr aus folgenden Personen zusammensetzt: Arno Dusini, Burkhard Spinnen, Meike Feßmann, Hildegard Elisabeth Keller, Juri Steiner, Daniela Strigl und Hubert Winkels. Gelesen wird vom 2. bis zum 6. Juli.

Im Gegensatz zum letzten Jahr, sind in diesem Jahr für mich viele unbekannte und neue Namen dabei. Ganz besonders freue ich mich schon jetzt auf Karen Köhler – im August erscheint im Hanser Verlag ihr erster Erzählband, der schon lange auf meiner Wunchliste steht.

Demokratisierung Literaturkritik. Fluch oder Segen?

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Gestern habe ich bereits auf die Diskussionsveranstaltung, die unter dem Motto “Jetzt reden wir!” stand, hingewiesen – heute folgt der Bericht. Organisiert und moderiert wurde die gut besuchte Veranstaltung von litlog, einem Göttinger eMagazin über Kultur, Wissenschaft und Literatur.  Am gestrigen Abend ging es um Fragen, die auch mich bereits seit langem umtreiben:

  • wie steht es um das Berufsbild des Literaturkritikers?
  • sind Buchbesprechungen ein Spezialgebiet für die Profis (Germanisten oder Literaturwissenschaftler)?
  • was ist überhaupt eine gute Literaturkritik und wer kann und darf diese verfassen?

Über diese Fragen und noch vieles mehr, diskutierten der Medienwissenschaftler Harun Maye und der Blogger und Journalist Stefan Mesch, der mit den Worten angekündigt wurde, dass er das Sprechen über Literatur maßgeblich neu prägt. Beide begannen die Diskussionsrunde mit einem Einstiegsstatement, während Harun Maye sich in seinem Statement vor allem mit dem gedruckten Feuilleton beschäftigte, warf Stefan Mesch in sechs Minuten eine Vielzahl an Fragen auf, in deren Zentrum die Unterscheidung zwischen Kritik, Empfehlung, Rezension und Produktbewertung stand.

Interessant war das Verständnis von beiden davon, was eine gute Literaturkritik ausmacht: bei Literaturkritik würde es nicht um Tipps gehen, sondern um einen viel weiteren Fokus. Stefan Mesch verglich in diesem Zusammenhang Buchbesprechungen mit Hotelbewertungen, während es bei Literaturtipps darum geht, ob der Strand schön ist und wo sich die beste Hotelbar befindet, sollte eine Literaturkritik das Urlaubsland in einen größeren Kontext rücken, sich mit den Nachbarländern beschäftigen, einen Blick auf die dunklen und verrauchten Ecken des Landes werfen und auch die Geopolitik in den Blick nehmen. Für Harun Maye bedeutet eine gute Literaturkritik die eigene Auseinandersetzung mit einem Buch, in Blogs und auch im Feuilleton liest er jedoch immer häufiger Rezensionen, die einem verlängerten Klappentext ähneln. Maye, der sich 2011 mit VLogs beschäftigte, bezeichnet Blogs an einer Stelle sogar als das Schlechtere vom Schlechten. Das, was er bereits im Feuilleton nur ungern liest, findet er noch einmal schlechter nachgemacht auf einer Vielzahl von Blogs. Harter Tobak!

Natürlich stand auch die Digitalisierung im Zentrum des Gesprächs, von beiden Diskussionsteilnehmern wurde diese nicht unbedingt als Bedrohung eingestuft, sondern ganz im Gegenteil: beide sehen durch die sozialen Medien ganz neue Wege und Formen der Literaturkritik, die für ihr Verständnis jedoch noch viel zu selten genutzt werden. Harun Maye fehlt unter Buchbloggern das Innovative: wo sind die aufregenden und neuen Formen der Literaturkritik? Als Buchblogger hat man ein breites Spektrum an Möglichkeiten, da man eigentlich alles schreiben darf, was man möchte und in einen direkten und unverfälschten Dialog mit dem Leser treten kann (ohne ein dazwischen geschaltetes Zeitungsorgan). Laut Maye profilieren sich aber noch viel zu wenig Buchblogger in der Rolle des Dilettanten, sondern versuchen stattdessen etwas nachzuahmen, das es bereits gibt. Debattiert wurde auch über die ökonomische Dimension, die zum Beispiel Lovelybooks in den Augen von Harun Maye zu einer Literaturvermarktungsplattform macht und nicht zu einer Plattform der Literaturkritik.

Ich bin mit vielen neuen Ideen und Impulsen aus dieser Diskussion hervorgegangen, mit neuen Anstößen und mit vielen Fragen, die nun in meinem Kopf herumwirbeln. Eine wirkliche Antwort darauf, wie es mit der Literaturkritik, ob nun digital oder gedruckt, weitergeht, wurde nicht gefunden, doch hängen geblieben sind bei mir die abschließenden Worte von Stefan Mesch, der sagte, dass er einfach versuchen möchte “fleißig und hungrig” zu bleiben.

 

Jetzt reden wir!

@ litlog

Unter dem Motto “Jetzt reden wir!” diskutieren heute Abend im Literarischen Zentrum in Göttingen der Literatur- und Medienwissenschaftler Harun Maye und Autor, Blogger und ZEIT-Journalist Stefan Mesch. Ich bin bereits jetzt sehr gespannt darauf, was beide über Buch-Blogger (die neuen Meinungsmacher der Literatur?) zu sagen haben werden und werde euch natürlich detailliert darüber Bericht erstatten!

Sommerlicher Lesetipp!

Binewski

Ich hoffe, auch ihr werdet gerade mit Sonne satt verwöhnt! Ich genieße auf jeden Fall die Sonnenstrahlen und die wunderbare Wärme und wie könnte man beides besser genießen, als mit einem wunderbaren Buch? Ich vertiefe mich in diesen Sonnenstunden im Momenten am liebsten in den Roman von Katherine Dunn. Ich bin noch nicht ganz durch mit den “Binewskis”, soviel sei aber schon mal gesagt: das Buch ist herrlich skurril, wunderbar abgedreht und unheimlich spannend. Mit anderen Worten: die passende Sommerlektüre!

Ich hoffe, auch ihr genießt gerade die Sonne – hoffentlich auch mit dem passenden Buch! 🙂

 

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