Meine wundervolle Buchhandlung ist ein wundervolles Buch über Bücher und Buchhandlungen und darüber was man mit einer großen Portion Begeisterung, Durchhaltewillen und Energie alles schaffen kann. Es geht um eine Schnapsidee, eine Buchhandlung in Wien und einen gelebten Traum.
Wir haben eine Buchhandlung gekauft: In Wien. Wir haben eine Mail mit einer Zahl geschrieben, ein Gebot, einen Betrag, den wir gar nicht hatten, und nach einigen Wochen kam die Antwort: Sie haben eine Buchhandlung gekauft!
Es gibt Bücher, die nimmt man in die Hand und legt sie erst wieder weg, wenn man sie ausgelesen hat. Genauso erging es mir mit dem Buch Meine wundervolle Buchhandlung, in dem Petra Hartlieb die Geschichte ihres Ladens erzählt. Genau genommen gehört Hartliebs Bücher, so heißt die Buchhandlung, auch ihrem Mann. Es war eine gemeinsame Schnapsidee, ein spontaner Entschluss aus dem dann Wirklichkeit wurde. Es war die Idee etwas gemeinsam zu machen, etwas zusammen aufzubauen. Beide leben eigentlich in Hamburg als sie auf die Buchhandlung bieten. Mit Geld, das sie nicht haben. Doch dann bekommen sie die Buchhandlung und statt vor lauter Schreck einen Rückzieher zu machen, brechen beide ihre Zelte ab, packen ihr Hab und Gut und die Kinder ein und gehen nach Wien. Beide lassen einen guten Job zurück – Petra Hartlieb war Literaturkritikerin und ihr Mann in einem Verlag tätig – und ziehen in eine ungewisse Zukunft. Doch das tun sie mit ganz viel Mut, Lust und Energie im Gepäck.
Ich verspüre plötzlich eine große Müdigkeit und denke an mein Latte-Macchiato-Leben in Hamburg. Statt Halbtagsstelle, schicker Wohnung und freier Zeiteinteilung nun also Tag und Nacht arbeiten, zunächst mal kein eigenes Zuhause und Schulden für die nächsten zehn Jahre. Oder länger? Wie gut, dass meine Vorstellungskraft dafür nicht ausreicht.
Petra Hartlieb erzählt die Geschichte ihrer Buchhandlung, die sie erst einmal herrichten musste und über der sie später mit ihrer Familie eingezogen ist. Eine Wendeltreppe verbindet den Ort der Arbeit mit dem Wohnbereich. Es ist eine Geschichte voller Rückschläge, voll von Ängsten und Zweifeln. Es ist aber auch eine Geschichte, die von helfenden Händen erzählt und von dem Mut, die eigenen Träume zu leben. Petra Hartlieb hätte es wohl nie alleine geschafft, die Buchhandlung zu renovieren und bezugsfertig zu machen, auch das Weihnachtsgeschäft hätte sie in den ersten Jahren wohl kaum alleine überstanden – doch ihr Glück ist es, keine Hemmungen dabei zu haben, um Hilfe zu bitten.
Was ich so wunderbar an diesem Buch fand, ist die Tatsache, dass Mut belohnt wird. Eigentlich ist das ambitionierte Projekt zum Scheitern verurteilt, es gibt keinen ausgereiften Businessplan, es gibt nicht einmal eine ausreichende Finanzierung. Doch irgendwie wurtscheln sich die Hartliebs auf unkoventionelle aber herrlich charmante Art und Weise durch die ersten Monate.
Wir wohnen plötzlich in unserer Arbeit. Die Wendeltreppe, die das Hinterzimmer der Buchhandlung mit dem Vorzimmer unserer Wohnung verbindet, wird zum zentralen Dreh- und Angelpunkt unserer Lebens.
Doch auch die Zeit nach den ersten Monaten wird nicht unbedingt leichter, denn eine Buchhandlung zu führen bedeutet ein stetiger Kampf darum, neue Kunden zu gewinnen und alte Kunden zu halten. Dazu muss man im besten Fall innovativ und aufgeschlossen sein: Lesungen müssen organisiert werden und ein Webshop sollte aufgebaut werden. Petra Hartlieb beschreibt all die Menschen, die mit ihr in dieser Buchhandlung werkeln, die mit 40 Quadratmetern übrigens ziemlich klein geraten ist, mit so viel Liebe und Wärme, dass ich irgendwann das Gefühl hatte, selbst mit dabei zu sein. Als ein neues EDV-System ausprobiert wird und die Mitarbeiter regelmäßig zur Verzweiflung bringt, habe ich fast am eigenen Leibe mitgelitten. Auch die Beschreibungen der Weihnachtszeit, in der die Hartliebs noch bis spät in die Nacht hinein im Laden stehen und Bücher einsortieren, hat mein Mitgefühl geweckt. Es sind die Weihnachtsmonate, in denen sie ihr Geld verdienen. Wirkliches Geld, das nicht nur für die Miete und die Personalkosten draufgeht.
Irgendwann steht mitten in Wien die nächste Buchhandlung leer und wider des besseren Wissens – sollte man zumindest meinen – erwerben die Hartliebs auch diese. Doch anders als dem ersten Buchhandlungskauf liegt diesem ein ausgereiftes Konzept zugrunde. Beim ersten Mal hat es auch ganz spontan funktioniert, doch warum sollte man nicht auch einmal ein bisschen planen? Und so betreiben die Hartliebs mittlerweile gleich zwei Buchhandlungen in Wien und das wohl sogar ganz erfolgreich. Wer weiß, was da noch so kommen wird …
Das Bedarf einiger Fantasie, denn vierzig Quadratmeter sind keine Großfläche. Es ist und bleibt ein kleiner Raum, auf dem wir große Buchhandlung spielen, und die Lösung sieht so aus, dass jeder Verkaufspsychologe uns als Negativbeispiel in seinem Seminar anführen würde: Nach oben.
Meine wundervolle Buchhandlung ist ein wundervolles Buch darüber, wohin einen Mut und Begeisterung bringen können. Es ist ein wundervolles Buch darüber, dass es sich lohnt auch mal ein Risiko einzugehen oder etwas zu wagen. Petra Hartlieb lebt ihren Traum, weil sie immer daran geglaubt hat, dass sich dieser erfüllen könnte. Neben allem anderen ist ihr Buch also vielleicht auch ein guter Ratgeber dafür, häufiger auf das eigene Herz zu hören und den Träumen und Wünschen nachzuspüren – bevor es zu spät ist, denn schließlich haben wir nur dieses eine Leben.
[…] wir verkaufen das schönste Produkt, das es gibt. Wir verkaufen Geschichten. Und ich kann mich für einen guten Unterhaltungsroman genauso begeistern wie für die sogenannte ernsthafte Literatur, und manchmal finde ich diese Unterscheidung im deutschen Sprachraum sehr mühsam.
Meine wundervolle Buchhandlung ist aber auch ein wundervolles Buch über Bücher und ein flammendes Plädoyer für die kleinen und inhabergeführten Buchhandlungen. Genau das, wäre auch mein Wunsch, dass uns die kleinen und individuellen Buchläden noch lange erhalten bleiben.