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5 Fragen – Interviews

5 Fragen an Sabrina Janesch!

© Milena Schlösser

Sabrina Janesch wurde 1985 in Gifhorn geboren, studierte Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus an der Universität Hildesheim und Polonistik an der Jagiellonen-Universität Krakau. Seit 2009 arbeitet sie als Schriftstellerin.

1.)    Warum wollten Sie Schriftstellerin werden?

Ich erinnere mich an den Tag, als ich mir vorgenommen habe, mit nichts anderem mein Geld zu verdienen als mit der Schriftstellerei. Ich war acht Jahre alt und ging gerade auf die Albert-Schweizer-Grundschule in Gifhorn. Wir sollten einen  Text verfassen, freie Themenwahl.  Ich habe die Aufgabe noch vor dem Nachhauseweg erledigt, auf einer der Parkbänke im Kiefernwälchen, das die Schule umgab. Dort, auf dieser Parkbank, wurde mir eines klar: Durch das Schreiben kann ich all die Geschichten, die in meinem Kopf sind, nach außen transportieren,  sie anderen mit-teilen.  Das war für mich Befreiung, Inspiration und Herausforderung zugleich.

2.)    Gibt es einen Schriftsteller oder einen Künstler, der Sie auf Ihrem Weg besonders inspiriert hat?

Es gibt dutzende Schriftsteller und Künstler, die mich inspiriert und angespornt haben. Viele natürlich aus der Gegenwartsliteratur, viele aber auch aus dem südamerikanischen und slawischen Magischen Realismus. Um einen herauszupicken: Vor vielen Jahren, auf einer Reise durch Peru, bin ich Mario Vargas Llosa begegnet. An einem schwülen Tag in Lima. Das hat mir sehr viel Mut gemacht und mich angestachelt, tatsächlich und wahrhaftig diesen Weg zu gehen: Romane zu schreiben. Den Mut aufzubringen und, vor allem, sich die Zeit nehmen. Auf derselben Reise, in einem Hostel in Cusco, fiel mir ein fantastisches Buch von ihm in die Hände: Maytas Geschichte. Ich habe dieses Buch förmlich aufgesogen. Kurz danach begann ich, meinen ersten Romanzu schreiben, Katzenberge.

3.)    Wann und wo schreiben Sie am liebsten?

Ich bin ein Morgenmensch und arbeite in recht klaren Mustern: Morgens gegen acht beginne ich und  versuche, bis zum Mittag dran zu bleiben. Das Internet ist dabei mein Feind: Jede, aber auch jede Recherche muss in den Nachmittag verbannt werden, sonst verliere ich mich in den Weiten des Netzes. Kaffee machen ist erlaubt, fremdlesen ist erlaubt. Mit meinem Schreibtisch verbindet mich eine innige Liebesbeziehung: Es ist ein antikes Möbel mit Intarsien, das ich Second Hand gekauft habe, für 10 Euro. Seitdem versuche ich, alle Schandtaten des Vobesitzers auszumerzen und ihn gesund zu pflegen.

4.)    Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?

Ich bin noch dabei: Gegen die Welt, von Jan Brandt. Klare Empfehlung!

5.)    Was würden Sie einem jungen Schriftsteller raten?

Viel lesen. Viel schreiben.

Herzlichen Dank an Sabrina Janesch für die Beantwortung meiner Fragen!

5 Fragen an Vea Kaiser!

© http://www.pertramer.at

© http://www.pertramer.at

Vea Kaiser wurde 1988 geboren und studiert Klassische und Deutsche Philologie in Wien. “Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam” ist ihr erster Roman. Gut gefallen hat mir ein kurzes Porträt von ihr, das ich bei www.datum.at gefunden habe:

“[Vea Kaiser] hält regelmäßig Vorlesungen über Literatur an Stammtischen und Bartresen, will bis zur Pension die gesamte altgriechische Literatur übersetzt haben, und beschäftigt sich sonst mit Fußball und Stöckelschuhen.”

Zumindest das Interesse an altgriechischer Literatur und am Fußball sticht auch in “Blasmusikpop” heraus.

1.) Warum wollten Sie Schriftstellerin werden?

Weil ich viel zu viel zu erzählen hab, und viel zu wenig Menschen in meinem Umfeld, die bereit sind, stundenlang still zu sitzen und mir zuzuhören.

2.) Gibt es einen Schriftsteller oder einen Künstler, der Sie auf Ihrem Weg besonders inspiriert hat?

Nicht nur einen, sondern drei (ich nenne sie immer meine „Säulenheiligen“, sie haben auch einen eigenen Schrein in meinem Bücherregal): Gabriel García Marquez, den ich für seine Fabulierkunst bewundere, Heimito von Doderer, von dem ich viel über das Konstruieren, Gestalten und Erzählen von Geschichten gelernt hab, und John Irving, dessen Hauptfiguren (die ja meist Schriftsteller sind) mir wahnsinnig viel über das Leben als schreibender Mensch, und dessen Höhen wie Tiefen, beigebracht haben.

3.) Wann und wo schreiben Sie am liebsten?

An einem kühlen aber sonnigen Tag am Schreibtisch meiner kleinen Wiener Wohnung zwischen 07:00 und 13:00 Uhr, mit drei Halb-Liter-Häferln Melange, zwei kleinen Frühstücks-Pausen, je nach Stimmung etwas Musik, Haare zu einem gordischen Knoten am Hinterkopf verwurstelt, ein bequemes Kleidchen an, Telefon und Internet ausgeschaltet.

4.) Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?

Ich hab aktuell mal wieder meine griechische Phase: Abends las ich Michael Frayn – Willkommen auf Skios (zum ersten Mal, war sehr begeistert) und nachmittags in kleinen Häppchen über längere Zeit hinweg Homers Ilias (zum fünften Mal, aber immer noch großartig).

5.) Was würden Sie einem jungen Schriftsteller raten?

Don’t cry – work! (Das steht in großen Lettern über meinem Schreibtisch und hilft zumindest mir persönlich von Tag zu Tag ganz wunderbar.)

Herzlichen Dank an Vea Kaiser für die Beantwortung meiner Fragen!

Es gibt vom Verlag Kiepenheuer & Witsch eine umfangreiche Pressemappe an Material zu der jungen Autorin und ihrem Roman. Ich möchte gerne auf das folgende Video verweisen, das ich sehr sehenswert finde:

Bei www.zehnseiten.de kann man die Autorin auch aus ihrem Roman lesen hören und sehen:

5 Fragen an Gina Mayer!

© Sibylle Pietrek

© Sibylle Pietrek

Gina Mayer wurde 1965 in Ellwangen geboren. Die studierte Grafik-Designerin, arbeitete zunächst als Werbetexterin, bevor sie ihren Beruf aufgab und Schriftstellerin wurde. “Die Protestantin” und “Das Mädchen ohne Gedächtnis” waren die ersten beiden Bücher, die von ihr veröffentlicht wurden. Später erschienen von ihr im Aufbau Verlag “Zitronen im Mondschein” und “Das Lied meiner Schwester”. Vor kurzem erschien ihr neuester Roman, “Das Maikäfermädchen”.

1.) Warum wollten Sie Schriftstellerin werden?

Wollte ich ja gar nicht. Ich hab ein Buch geschrieben und noch eins und noch eins und da war ich es plötzlich.

2.) Gibt es einen Schriftsteller oder einen Künstler, der Sie auf Ihrem Weg besonders inspiriert hat?

Es gibt Schriftsteller, die ich hemmungslos darum beneide, dass sie so gut schreiben können. Charles Lewinsky oder Ulla Hahn zum Beispiel. Von einigen Autoren mag ich so gut wie alles, von anderen nur ein einzelnes Buch. Manche Romanfiguren begleiten mich über Wochen und Monate wie gute Freunde. Und einige Sätze aus Büchern haben mein Leben verändert.

Manchmal inspirieren mich aber auch Bücher, die ich gar nicht so gut finde. Weil ich beim Lesen ständig auf etwas warte, das nicht kommt. Und aus Enttäuschung beschließe ich dann, das nicht Gefundene selbst zu erfinden.

3.) Wann und wo schreiben Sie am liebsten?

Zuhause und nur zu Hause. Da allerdings überall – an meinem Schreibtisch, am Küchentisch, im Garten. Überall, wo mich meine Familie in Ruhe lässt. Ich setze mich auch brav jeden Morgen um acht vor den Computer und arbeite bis um eins. Und nach der Mittagspause geht es weiter. Das klingt nicht nur spießig, das ist es auch. Aber ich brauche geordnete Verhältnisse, sonst kriege ich keinen Satz zustande.

4.) Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?

„A place of greater safety“ von Hillary Mantel. Ein historischer Roman über die französische Revolution. Das erste Buch, das ich von Hillary Mantel gelesen habe – und auch ihr erstes, wie ich aus dem Nachwort erfahren habe. Hat mir sehr gut gefallen, aber ohne meinen schicken neuen e-Reader hätte ich wahrscheinlich kapituliert. Es gibt in dem Roman ca. achttausend Charaktere und alle heißen sie Desforgues, Desmoulins, Deshorties oder so ähnlich. Im Gegensatz zu mir konnte mein Reader sie stets auseinanderhalten.

Der Roman ist hinreißend, was für eine erschütternde, schreckliche Zeit. Ohne die französische Revolution sähe unsere europäische Realität heute ganz anders aus. Aber ich bin gottfroh, dass ich sie nicht miterleben musste.

5.) Was würden Sie einem jungen Schriftsteller raten?

Dasselbe, was ich auch jedem alten Schriftsteller raten würde. Lesen, lesen, lesen. Schreiben, schreiben, schreiben. Immer schön nach links und rechts schauen. Und niemals aufgeben.

Herzlichen Dank für die Beantwortung der Fragen!

5 Fragen an Sibylle Berg!

© Katharina Lütscher

© Katharina Lütscher

Sibylle Berg, die heutzutage in der Schweiz lebt, ist Schriftstellerin und Dramatikerin. Sie schreibt Romane, aber auch Theaterstücke, Essays und Kolumnen, z.B. für Die Zeit oder bei Spiegel Online. Sibylle Berg ist in den sozialen Netzwerken sehr aktiv, man findet sie auf Facebook und Twitter. 2009 erschien von ihr im Hanser Verlag “Der Mann schläft” und in diesem Jahr “Vielen Dank für das Leben”, ein Roman, der mich sehr tief berührt und begeistert hat. Um so mehr freue ich mich, dass Sibylle Berg bereit dazu war, meine fünf Fragen zu beantworten.

1.) Warum wollten Sie Schriftstellerin werden?

Ich wollte nicht Schriftstellerin werden, ich wollte nur keinen anderen Beruf als alleine zu Hause zu sitzen, und möglichst gute Bücher zu
schreiben.

2.) Gibt es einen Schriftsteller oder einen Künstler, der Sie auf Ihrem Weg besonders inspiriert hat?

Zu jeder Phase einen anderen. Sophie Calle, Phillip Djian, Anselm Kiefer, Michael Haneke sind ein paar. Am meisten inspirieren mich Künstler aus anderen Bereichen, sprich–der bildenden und der Filmkunst

3.) Wann und wo schreiben Sie am liebsten?

Ich arbeite ausschliesslich im Bett, und das den ganzen Tag. Die Frage nach Liebsten stellt sich mIr eigentlich nicht. Ich arbeite eben, wie die meisten anderen Menschen auch.

4.) Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?

Belletristik lange nicht mehr. Caroline Emcke war das letzte Buch. Wie wir begehren. Grossartig und vom Thema recht nah an meinem letzten Buch

5.) Was würden Sie einem jungen Schriftsteller raten?

Such dir einen Job, mit dem du das schreiben finazieren kannst. Und habe mindestens zehn Jahre Geduld.

Herzlichen Dank an Sibylle Berg für die Beantwortung meiner Fragen!

5 Fragen an Stephanie Gleißner!

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©Sibylle Baier

“Einen solchen Himmel im Kopf” ist der Debütroman der jungen Autorin Stephanie Gleißner. Nach einem Studium der Literatur- und Religionswissenschaft in Tübingen und Kapstadt, war sie 2008 Finalistin des Open Nike. 2010 wurde sie für den Literaturkurs der “Tage der deutschsprachigen Literatur” in Klagenfurt ausgewählt. Im Moment lebt und arbeitet die Autorin in Berlin.

1.) Warum wollten Sie Schriftstellerin werden?

Mit 14/15 habe ich Oscar Wilde, F. Scott und Zelda Fitzgerald, Anais Nin, die Beat-Autoren, Nietzsche und was man halt sonst noch so in dem Alter liest, gelesen. Das Was und Wie sie schrieben, ist natürlich schwer auf einen Nenner zu bringen, aber alle hatten sie, so schien es mir jedenfalls damals, ein Leben ohne Alltag und Banalitäten. Es gab Abenteuer und Süchte und Befreiung von Süchten und weiße Leinenkleider und geistreiche Konversation, gutaussehende Künstlerfreunde mit essentiellen Krisen, Glücksspiel und unerfüllte Lieben. So wollte ich das auch haben. Über das Schreiben an sich (das ja wenig glamourös ist) habe ich mir damals noch keine Gedanken gemacht. Mit dem Interesse für Musik und Pop-Kultur allgemein wurden meine Motive für den Wunsch Schriftstellerin zu sein, dann auch weniger oberflächlich: ich hörte Musik und las Bücher, die mich aufstachelten und die, wenn man sie beendet hatte, einen irgendwie unbefriedigt und umtriebig zurück ließen. Irgendwann habe ich die Unruhe, die Bücher und Musik mir bereiteten, dann als eine Art Auftrag empfunden, selbst auch etwas in die Welt zu bringen.

2.) Gibt es einen Schriftsteller oder einen Künstler, der Sie auf Ihrem Weg besonders inspiriert hat?

Die oben Genannten zur oben genannten Zeit. Extrem wichtig seit der ersten Begegnung: Bob Dylans 60er Jahre Platten. Inzwischen ist die Schriftsteller-/Werkverehrung jedoch Texterlebnissen gewichen – Texte, die mich immer wieder (anders) beschäftigen sind beispielsweise Ottfried Preusslers „Krabat“, Robert Musils „Mann ohne Eigenschaften“, Ingeborg Bachmanns „Todesarten“-Projekt, Vieles von Brecht, und Christian Krachts „1979“.

3.) Wann und wo schreiben Sie am liebsten?

Am besten und liebsten schreibe ich nachts in einem Zimmer ohne andere Menschen. Lieber wäre ich aber ein Frühermorgenschreiber – aber das kann man sich wohl nicht aussuchen.

4.) Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?

Oskar Maria Grafs „Wir sind Gefangene. Ein Bekenntnis“. Es ist ein autobiographischer Text. Graf schildert seine Kindheit in einem Dorf bei München. Er schuftet unter der Fuchtel des gewalttätigen ausbeuterischen älteren Bruders in der Bäckerei seiner Familie, flieht nach München mit der vagen und naiven Vorstellung von einem Dichterleben.

„Ich malte mir ein gemütliches Dichterdasein aus. So ungefähr: Ein Zimmer mit Diwan. Schön warm. Ich koche mir selbst und dichte. In kurzer Zeit erscheinen meine Werke. Die daheim hören von mir, staunen und kommen zum großen Sohn.“

Dann bricht der Erste Weltkrieg aus, er wird eingezogen, gerät immer wieder in Konflikt mit den Gepflogenheiten und Hierarchien des Militärs, wird schließlich ins Zuchthaus gesteckt und kehrt von dort einigermaßen traumatisiert zurück nach München, wo er sein Dichterleben wieder aufzunehmen versucht, aber sofort in den Strudel der revolutionären Bewegungen und Umtriebe gerät. Die Schilderungen enden mit dem Ende der Räterepublik, da ist Graf gerade 25 Jahre alt, man hat aber schon beim Lesen soviel erlebt, dass es für mehr als ein Leben reichen würde. Mir hat besonders gefallen, dass es so ein unruhiges Buch ist: es wird nicht rückblickend-sinnstiftend erzählt, sondern Graf bleibt sehr nah an seinem früheren Ich, das sich leicht mitreißen und begeistern lässt, die Ereignisse und die vielbeschworene Revolution selbst aber gar nicht fassen, geschweige denn verstehen kann.

Freilich, wenn ich allein war, wurde mir oft recht kläglich zumute. Das ist ja alles recht schön und gut, sagte ich mir, die reden und reden in einem fort von der nahen Revolution, aber angehen tut sie nicht. Immer ist es eine Versammlung und die hört dann auf, man geht auseinander, und alles ist wieder das gleiche. Bedrückte Tage kamen. Ich weiß nicht, ob es anderen Menschen in meinem Alter zu damaliger Zeit auch so ergangen ist, aber ich habe bei mir deutlich beobachtet: Die Revolution war eigentlich etwas Unvorstellbares für mich, sie war gewissermaßen ein Zustand, dem alles zustrebte, was aber nach diesem Hereinbruch geschehen sollte, darüber war sich kaum wer klar.

Dieses Hasten von Versammlung zu Versammlung, die nächtlichen Manifest-Schreib-Aktionen, diese ganze Umtriebigkeit wird nicht durch die Behäbigkeit eines formvollendeten, jede Silbe abwägenden Erzählstils eingedämmt, sondern durch ein schnelles, atemloses, mit vielen Abbrüchen und Ausrufezeichen versehenem Schreiben mitvollzogen und überträgt sich auch auf den Leser – bei mir war das jedenfalls so. Ich musste auch oft laut auflachen – was vor allem der Selbstinszenierung Grafs als naiver Hochstapler geschuldet ist – es wird da eine regelrechte Poetik des Sich-Dumm-Stellens aufgefahren, mit der die Hohlheit der Autoritäten und anderer Ehrenhaftigkeit in Anspruch nehmender Topoi wie der Krieg, die Revolution, die Kunst etc. vorgeführt wird. Manchmal, meist dann, wenn durchscheint wird, dass diese scheinbare Naivität auch das Ergebnis einer Beschädigung ist, bleibt einem das Lachen aber auch im Hals stecken – das sind vielleicht die stärksten Stellen, dieses wirklich sehr lesenswerten Buches.

5.) Was würden Sie einem jungen Schriftsteller raten?

Ich spare mir Ratschläge (dafür bin ich wirklich nicht die Richtige) und bringe statt dessen lieber noch ein Zitat aus dem Graf-Buch, das man durchaus auch als Ratschlag verstehen kann. Kontext: Graf und sein Freund Schorsch sind auf Monte Verità im Tessin, eine um die Jahrhundertwende recht bekannte Künstlerkolonie – eine Art Aussteigerkommune.

Es war auch schon wieder alles so langweilig. Man bekam keine Post, am Ende der Welt war man und wußte nicht, was in den Städten vorging. Es war zu still da, zu gemütlich, zu reizlos. Der blaue Himmel allein machte es auch nicht. Ach – und überhaupt!

“Wir fahren wieder zurück in unseren Sumpf, diese ganze Naturtrottelei kann mir gestohlen bleiben! … Das ist was für Verdauungsphilister und Grasfresser! Das ist kein Leben!” sagte ich angewidert.

Schorsch nickte. Auch er haßte diese Art Gemütlichkeit. […] Wir wollten leben und die wollten sich, schien es, nur einrichten.

Herzlichen Dank an Stephanie Gleißner für die Beantwortung meiner Fragen!

5 Fragen an Andreas Martin Widmann!

© Ramune Pigagaite.

© Ramune Pigagaite.

Andreas Martin Widmann wurde 1979 in Mainz geboren, wo er auch heute immer noch lebt. Sein Magisterexamen hat er mit einer Arbeit über Martin Walser abgeschlossen. “Die Glücksparade” ist sein erster Roman und ich freue mich sehr, dass er dazu bereit war, meine fünf Fragen zu beantworten.

1.) Warum wollten Sie Schriftsteller werden?

Es ist schwer, sachliche und gute Gründe dafür zu finden, als sollte man im sog. Jobcenter einen Berufswunsch begründen. Natürlich ist mir Literatur sehr wichtig, aber nur das ist es nicht. Vielleicht, weil Schreiben – und also der Beruf des Schriftstellers, im besten Fall – bedeutet, sich nicht auf einen Beruf festlegen zu müssen. Man kann schreibend oder erzählend mal diesen oder jenen ausüben, man kann Apfelpflücker werden oder Verwalter auf einem Campingplatz oder Bauarbeiter und das alles in einem und alles in einem Buch.

2.) Gibt es einen Schriftsteller oder einen Künstler, der Sie auf Ihrem Weg besonders inspiriert hat?

Einen zu benennen oder zwei oder drei, selbst zehn oder zwanzig würde es zu sehr einengen. Faszinierend an Literatur, Musik oder Kunst überhaupt finde ich gerade die Vielfalt der Ausdrucksformen, die jeweils mit eigenen Mitteln auf die Welt reagieren. Was formale Einflüsse angeht, sind amerikanische Erzähler für meinen ersten Roman wichtig gewesen. Das merkt man beim Lesen sicher schnell.

3.) Wann und wo schreiben Sie am liebsten?

Ich schreibe gerne auf Zugfahrten, dann allerdings ausschließlich ins Notizbuch. Manchmal schreibe ich dann mehrere Seiten hintereinander am Stück. Seltsamerweise wird der Drang zu schreiben oder zumindest etwas aufzuschreiben bei mir gerade dann besonders stark, wenn die Möglichkeit dazu scheinbar nicht gegeben ist.

4.) Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?

„Das Leben geht weiter“, den ersten Roman von Hans Keilson, mit dessen Werk ich mich zur Zeit auch als Literaturwissenschaftler beschäftige. Keilson gehört zu den Schriftstellern, von denen man glaubt, sie seien erfunden von einem anderen Schriftsteller wie Roberto Bolaño. Keilson war deutscher Jude. Sein erster Roman erschien 1933, wurde sofort von den Nazis verboten. Wenige Jahre später ging Keilson ins Exil nach Holland, war dort unter falschem Namen im Untergrund aktiv, schrieb nach dem Krieg noch zwei großartige Bücher, die in Deutschland kaum gelesen wurden, er arbeitete als Psychoanalytiker und starb im letzten Jahr mit 101. Ein unglaubliches Leben.

Ich lese aber immer mehrere Sachen gleichzeitig. Im Moment u.a. die Tagebücher von Allen Ginsberg, „What Am I Doing Here“ von Bruce Chatwin und George Orwells „Down and Out in Paris and London“.

5.) Was würden Sie einem jungen Schriftsteller raten?

Ich bin jetzt 32, damit gehöre ich nach den ungeschriebenen Statuten des deutschen Literaturbetriebs, Feuilletons und Förderwesens selbst noch zu den „jungen Schriftstellern“, kann also keine Ratschläge geben, sondern muss mir selbst welche erteilen lassen…

Vielen Dank für dieses Interview an Andreas Martin Widmann!

5 Fragen an Cornelia Travnicek!

© Hermann Rauschmayr

© Hermann Rauschmayr

Cornelia Travnicek ist eine junge Autorin, 1987 geboren, die mit “Chucks” in diesem Frühjahr ihren Debütroman vorgelegt hat. An der Universität Wien hat Cornelia Travnicek Sinologie studiert, heutzutage arbeitet sie als Researcher. Ich freue mich sehr darüber, dass sie bereit dazu war, meine fünf Fragen zu beantworten!

1.) Warum wollten Sie Schriftstellerin werden?

Aus der Liebe zu den Büchern heraus, durch den Spass am Lesen hindurch… Das ist eigentlich keine bewusste Entscheidung, nur das Schreiben an sich ist eine bewusste Entscheidung gewesen – bei mir.

2.) Gibt es einen Schriftsteller oder einen Künstler, der Sie auf Ihrem Weg besonders inspiriert hat?

Die unterschiedlichsten KünstlerInnen und SchriftstellerInnen haben mich im Laufe meines Lebens inspiriert, die meisten wahrscheinlich sogar, ohne dass es mir überhaupt bewusst ist. Ich freue mich über wunderbare Musik, Bilder, Texte, Menschen. Weil mich so vieles anregt, weil mir so viele und so unterschiedliche Dinge gefallen, bin ich meistens besonders vom letzten Wunderbaren, was ich gesehen, gehört oder gelesen habe, beeindruckt.

3.) Wann und wo schreiben Sie am liebsten?

Am liebsten wann auch immer es sich ergibt und wo auch immer es sich gerade ergibt, in gezwungenen Situationen fällt es mir wiederum sehr schwer. Wichtig ist auch, dass niemand neben mir sitzt, der mitlesen könnte, das macht mich nämlich sehr nervös.

4.) Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?

Gerade bin ich auf den letzten Seiten von “Alle Herrlichkeit auf Erden”, ein Roman von Han Suyin (das ist ein Künstlername), einer Eurasierin, die 1916 in China geboren wurde. Das Buch ist mir auf einem Flohmarkt in die Hände gefallen, wärend meines Aufenthalts im Künstlerhaus Schloss Wiepersdorf. Ich war vorher mit dieser Schriftstellerin noch nicht in Kontakt gekommen und finde das Buch vor allem wegen der Darstellung Hongkongs zur Zeit des Aufstiegs der Kommunisten in China, und den Gedanken einer traditionell erzogenen chinesischen Frau über gesellschaftliche Zwänge und Politik interessant.

5.) Was würden Sie einem jungen Schriftsteller raten?

Das ist eine schwierige Frage. Bekanntlich sind wir zwar alle gleich, aber jeder anders – darum gibt es auch keinen Generalweg, womit der eine glücklich wird, damit ist die andere unglücklich. Ich würde eher bei konkreten Fragen Ratschläge geben, die ich aber auch nur aus meiner eigenen Erfahrung heraus beantworten kann.

Vielen Dank an Cornelia Travnicek für die Beantwortung meiner Fragen!

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