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The Art of Asking – Amanda Palmer

Amanda Palmer legt mit The Art of Asking ein wunderschönes und so wichtiges Buch vor: es geht um Menschlichkeit, um Angst, Scham und Vertrauen. Vor allen Dingen geht es aber auch darum, wie wichtig es ist, um Hilfe bitten zu können.

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Ich habe kein Problem mit dem Bitten. Egal, um was. Ich habe KEINE SCHAM. Glaube ich.

Der Untertitel des Buches ist gleichzeitig auch schon die treffendste Zusammenfassung: Wie ich aufhörte, mir Sorgen zu machen, und lernte, mir helfen zu lassen. Fragen sind eigentlich etwas ganz Alltägliches – fast jeder von uns stellt wahrscheinlich mehrmals am Tag Fragen, ohne viel darüber nachzudenken. Schwierig wird es für viele erst, wenn sie nach Hilfe fragen müssen: Kannst du mir Geld leihen?, Hast du einen Schlafplatz für mich?, Magst du ein wenig Geld für meinen Blog spenden? Viele Menschen haben nie gelernt, dass es nicht nur völlig in Ordnung ist, um Hilfe zu bitten, sondern dass es auch häufig notwendig sein kann, sich Unterstützung zu holen. Niemand ist wirklich alleine – wenn er sich denn traut, um Hilfe zu bitten.

Beinahe jeder menschliche Kontakt läuft am Ende auf den Akt und die Kunst des Bittens hinaus. Das Bitten an sich IST der fundamentale Baustein jeder Beziehung. Fortwährend und meist indirekt, oftmals ohne Worte, BITTEN wir uns gegenseitig um etwas – unsere Chefs, unsere Partner, unsere Freunde -, damit wir die jeweilige Beziehung aufbauen und aufrechterhalten können.

The Art of Asking erzählt Amanda Palmers Lebensgeschichte – es ist eine Geschichte des Bittens und des Helfens. Heutzutage ist sie vielen als Musikerin bekannt, doch am Anfang ihrer Karriere versuchte sie sich zunächst als Straßenkünstlerin durchzuschlagen. Erst mit der Zeit lernt sie, wie wichtig es ist, andere um Hilfe zu bitten. Heutzutage gilt sie als Pionierin des Crowdfunding: für ihr Album Theatre is evil hat sie finanzielle Unterstützung in der Höhe von 1,2 Millionen Euro eingesammelt – von Fans, die sie für ihre Musik schätzen und die bereit dazu sind, Geld zu dafür zu zahlen, um ein neues Album in den Händen halten zu können. Amanda Palmer gilt auch als Pionierin des Couchsourfings – statt in Hotels einzuchecken, die sie sich nicht leisten könnte, übernachtet sie während ihren Tourneen bei ihren Fans auf dem Sofa.

Doch die Überwindung, ihre Fans um Hilfe zu bitten, war zunächst riesengroß. Genauso groß, wie die Überwindung, ihren Ehemann um Hilfe zu bitten. Habe ich versagt, wenn ich um Hilfe bitte? Bin ich zu schwach, wenn ich Unterstützung brauche? Verdiene ich die Hilfe von anderen überhaupt?

Ich hoffte, ich könnte ihnen eine Art kosmische, allumfassende Erlaubnis geben, sich nie wieder übertrieben zu entschuldigen, zu quälen, zu rechtfertigen und verdammt noch mal einfach zu …. BITTEN. 

Amanda Palmer hat ihre Lebensphilosophie in The Art of Asking gegossen. Sie zeichnet ihren eigenen Weg nach und erzählt davon, wie sie gelernt hat, zu bitten. Sie erzählt davon, wie sie es aushält sich verletz- und angreifbar zu machen. Sie erzählt davon, wie sie es zu ertragen gelernt hat, auch mal die Kontrolle abzugeben. Sie erzählt vor allen Dingen aber auch von ihrer wichtigsten Erkenntnis: Bitten und Helfen sind zentrale Bestandteile jeder Beziehung. In den allermeisten Fällen freuen sich Menschen darüber gebeten zu werden und im Rahmen ihrer Möglichkeit helfen zu können. Wer nicht fragt, wird nie erfahren, von wie viel Hilfsbereitschaft und Menschlichkeit er umgeben ist. Gerade auch im sozialen Netz gibt es ganz viele tolle Beispiele für diese Art der Unterstützung: von #hollerkaputt bis zu Willkommen im Meer

Wie können wir eine Welt erschaffen, in der Kunst nicht einfach eine Ware, sondern eine Beziehung ist? Während Kunst wieder zum Gemeingut und mehr und mehr digital, befreit und frei teilbar wird, müssen wir uns überlegen, wie wir eine neue Ökonomie des schöpferischen Geistes unterstützen können.

The Art of Asking ist ganz sicherlich kein literarisches Meisterwerk auch sprachlich habe ich schon bessere Bücher gelesen – dafür ist es aber eine berührende Lektüre, es ist ein menschliches und so wichtiges Buch. Amanda Palmer erzählt von ihren Ängsten, von ihrer Unsicherheit und von ihrer Verletzbarkeit. Mich hat ihre Geschichte dazu gebracht, innezuhalten und nachzudenken. Zugeklappt habe ich The Art of Asking mit der Hoffnung, in Zukunft häufiger um Hilfe bitten zu können. Bitten ist nämlich keine Schwäche, sondern eine große Stärke. Deshalb bitte ich euch alle nun auch darum, dieses Buch zu lesen – ich wünsche The Art of Asking ganz viele Leser und Leserinnen, die sich ebenso berühren lassen wie ich!

Amanda Plamer: The Art of Asking. Eichborn Verlag, Köln 2015. 445 Seiten, 16,99€. Auf der Homepage der Autorin gibt es eine Playlist zum Buch.

Beobachtungen aus der letzten Reihe – Neil Gaiman

Neil Gaiman ist ein britischer Autor, der nicht nur zahlreiche Science-Fiction- und Fantasyromane veröffentlicht hat, sondern darüber hinaus auch mehrere Comics und Drehbücher. Auf Deutsch erschien von ihm zuletzt die Essaysammlung Beobachtungen aus der letzten Reihe.

Dieses Buch enthält Reden, Essays und Einführungen. Einige der Einführungen haben es in diesen Band geschafft, weil ich den zugehörigen Autor oder das Buch liebe und ich hoffe, dass meine Liebe ansteckend ist. Andere Texte finden sich hier drin wieder, weil ich in ihnen nach besten Kräften versucht habe, etwas zu erklären, von dem ich glaube, dass es wahr ist, vielleicht sogar wichtig.

Beginnen muss ich meine Besprechung mit einem Geständnis: ich habe zuvor noch nie einen Roman von Neil Gaiman gelesen, auch wenn mir sein Name natürlich ein Begriff gewesen ist. Als ich die Essaysammlung im Buchladen entdeckte, bin ich trotzdem sofort neugierig geworden – großen Anteil daran hatte sicherlich auch der Untertitel: Über die Kunst, das Erzählen und wieso wir Geschichten brauchen.

In Beobachtungen aus der letzten Reihe sind auf fast 600 Seiten mehr als neunzig Essays versammelt, die grob nach Themen geordnet sind: es geht um Bücher, Bibliotheken, Comics, Filme, Musik. Ein Großteil der veröffentlichten Texte sind Vorworte, die Neil Gaiman für die Bücher von anderen Autoren und Autorinnen geschrieben hat. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Reden, die er auf Messen und Preisverleihungen gehalten hat. Besonders faszinierend sind die Texte, in denen Neil Gaiman – mit großer persönlicher Note – von den Widrigkeiten und Tücken des Schreibens erzählt. Viele der zusammengestellten Essays sind natürlich autobiographisch geprägt, trotzdem muss man sich beim Kauf des Buches bewusst darüber sein, dass es sich hier wirklich um eine Sammlung von – teilweise sehr alten oder auch sehr abseitigen – Essays handelt und nicht um eine Art Autobiographie. Vielleicht ist das auch der einzige kleine Kritikpunkt, der mich an Beobachtungen aus der letzten Reihe gestört hat: bei fast 100 Essays passiert es fast zwangsläufig, dass sich darunter auch Texte befinden, die langweilig, nichtssagend oder redundant sind – es hätte dem Buch nicht geschadet, wäre es 100 Seiten kürzer.

Die Vorstellung, dass auch Schriftsteller Bücher genießen, manchmal von ihnen beeinflusst werden und andere Menschen auf diese Werke hinweisen, war für mich schon immer naheliegend. Literatur existiert nicht in einem Vakuum. Sie kann kein Monolog sein, sondern ein Gespräch, und man muss neue Menschen, neue Leser in diese Konversation mit einbinden. Ich hoffe, dass ich irgendwo in diesem Band über einen Künstler oder sein Werk reden werde, über ein Buch vielleicht, einen Film oder einen Song, der euch fasziniert. 

Vieles an Beobachtungen aus der letzten Reihe hat mir aber auch sehr gefallen: es finden sich darin einige kluge Gedanken zum Schreiben, zu der Arbeit von Autoren und Autorinnen und den Zweifeln und Schwierigkeiten, die mit dieser Tätigkeit verbunden sind. Darüber hinaus gelingt es Neil Gaiman mit seiner Begeisterung anzustecken: ob er über Fantasy, Comics, Dr. Who, Lou Reed oder Harlan Ellison schreibt – ich habe immer wieder Post-Its in das Buch geklebt und mir Autoren und Buchtitel notiert, die mich neugierig gemacht haben und zwar über alle Genregrenzen hinweg. Zwischen all den Essays finden sich auch einige sehr persönliche Texte, in denen Gaiman von seiner Beziehung zu der Musikerin und Autorin Amanda Palmer erzählt, und – ganz vereinzelt – auch ein paar herrlich witzige Anekdoten. In einem Essay erzählt er von dem Jahr, in dem die Verfilmung seines Buches Coraline für die Oscars nominiert gewesen ist und er – obwohl er Autor des Textes ist – auf die billigen Plätze abgeschoben wurde und diese wenig vergnügliche Erfahrung mit seinen Followern auf Twitter teilt.

Zugeklappt habe ich Beobachtungen aus der letzten Reihe mit dem Gefühl, vieles daraus mitgenommen zu haben: kluge Gedanken, Mut, Ideen und Inspiration – gerade für schreibende oder kreativ arbeitende Menschen, bieten viele der Essays spannende Denkanstöße. Mitgenommen habe ich aber auch die ansteckende Begeisterung für Themen, mit denen ich mich bisher kaum beschäftigt habe: Sei es die Leidenschaft für Comics oder auch die Liebe für Autoren und Autorinnen, die mir bis dahin noch völlig unbekannt waren – Neil Geiman ist in seinem Enthusiasmus  wahrlich infektiös.

Also seid weise, denn die Welt braucht mehr Weisheit, und wenn ihr nicht weise sein könnt, tut so, als wärt ihr weise und benehmt euch, wie weise Leute es tun. Und jetzt zieht aus und macht interessante Fehler, macht erstaunliche Fehler, macht glorreiche und fantastische Fehler. Brecht die Regeln. Macht die Welt interessanter, schließlich lebt ihr darin. Und macht gute Kunst.

Auch wenn ihr Neil Geiman als Autoren noch nicht kennt, kann ich euch die Lektüre von Beobachtungen aus der letzten Reihe nur empfehlen: es ist vielleicht ratsam, die Essays Stück für Stück und immer in Etappen zu lesen und sich nicht davon abschrecken zu lassen, wenn es zwischendurch auch immer wieder einen langweiligeren oder nichtssagenderen Text gibt. Am Ende werdet ihr das Buch zuklappen und eine ganze Liste an tollen Autoren und Autorinnen haben, die ihr entdecken wollt und eine ganze Liste an Büchern, die ihr kaufen wollt. Und nicht nur das: ich habe auch ein Buch zugeklappt, das nun voller Post-Its ist und zu dem ich wohl immer wieder zurückkehren werde, wenn ich auf der Suche nach Weisheit, Trost oder einem guten Ratschlag bin.

Neil Gaiman: Beobachtungen aus der letzten Reihe. Über die Kunst, das Erzählen und wieso wir Geschichten brauchen. Aus dem amerikanischen Englisch von Rainer Schumacher und Ruggero Leò. Bastei Lübbe, Köln 2017. 570 Seiten, 24€. Weitere Rezensionen auf: krearchiv, Nicoles Bücherwelt und Buchstapelweise.

Weitere Bücher:

NiemalslandDer Ozean am Ende der StraßeAmerican GodsCoralineNordische Mythen und Sagen

Ein Jahr in Büchern

Ich kann es kaum glauben, weil es so schnell vergangen ist, aber auch das Lesejahr 2016 neigt sich mittlerweile dem Ende zu. Das neue Jahr, voller neuer Bücher und Lesestunden, ist nicht einmal mehr zwei Wochen entfernt. Auch wenn sich das Wetter noch gar nicht so wirklich von seiner winterlichen Seite zeigen mag, verbringe ich die Tage momentan dann doch ganz gerne mit einer warmen Decke, einem guten Buch und einer Tasse Tee. Ob in den letzten Tagen dieses Jahres nicht doch noch ein anderes Lesehighlight um die Ecke kommen wird, kann ich also jetzt eigentlich noch gar nicht mit endgültiger Sicherheit sagen.

Dennoch habe ich das vergangene Wochenende dazu genutzt, mich durch mein Blogarchiv zu klicken – auf  der Suche nach den Höhepunkten meines Lesejahres. Dabei habe ich festgestellt, dass ich in diesem Jahr zwar einiges gelesen habe, aber nicht ganz so viel davon auf meinem Blog besprochen wurde. Ihr könnt euch im neuen Jahr also auf jeden Fall noch auf die eine oder andere Besprechung eines gelesenen Buches des vergangenen Jahres freuen, hier liegt noch ein ganzer Stapel, der darauf wartet, euch endlich vorgestellt zu werden. Darunter auch Hier bin ich von Jonathan Safran Foer, das mir so gut gefallen hat, dass es trotzdem unbedingt auf meine Liste der Jahreshighlights kommen musste! Unter den Büchern, die ich gelesen habe, waren ganz viele tolle Geschichten, wunderbare Figuren und verzaubernde Worte und – anders als in den Jahren zu vor – auch viel Autobiographisches. Ich konnte mich kaum entscheiden, welche zu meinen Lieblingsbüchern gehören – deshalb gibt es bei mir auch keine Top 5 oder  Top 10, sondern gleich eine Top 15.

Diese fünfzehn Bücher haben mich in diesem Jahr besonders begeistert:

Sarah Kuttner – 180° Meer

Patti Smith – M Train

Amanda Palmer – The Art of Asking

Garth Risk Hallberg – City on Fire

Elena Ferrante – Meine geniale Freundin

Haruki Murakami – Von Beruf Schriftsteller

Katharina Winkler – Blauschmuck

Karl Ove Knausgard – Träumen

Benjamin von Stuckrad-Barre – Panikherz

Helen MacDonald – H wie Habicht

Jonathan Safran Foer – Hier bin ich

Lars Mytting – Die Birken wissen’s noch

Deborah Feldman – Unorthodox

Nis-Momme Stockmann – Der Fuchs

John Irving – Das Hotel New Hampshire

Als ich mich so durch mein Archiv klickte, ist mir aufgefallen, dass ich in diesem Jahr ein paar neue Lesepfade eingeschlagen habe: ich habe bereits im vergangenen Jahr Autobiographien und Erinnerungsbücher für mich entdeckt, wodurch sich eine ganz neue literarische Welt für mich eröffnet hat. Auch in diesem Jahr habe ich einige tolle Bücher über das Leben, das Lesen und das Schreiben entdeckt. Neben den Neuerscheinungen, an denen auch ich natürlich nicht vorbeikomme, habe ich in diesem Jahr auch endlich mal ein paar eingestaubte Bücher aus meinem Regal geholt, die dort schon viel zu lange standen – so hatte ich es mir ja auch vorgenommen, als ich vor einiger Zeit mal über das literarische Haltbarkeitsdatum schrieb.

All die Bücher auf der Liste meiner fünfzehn Jahreshighlights haben mich auf ganz unterschiedliche Art und Weise berühren und begeistern können, viele der Geschichten und Figuren trage ich immer noch in meinem Herzen. Die Titel machen sich übrigens nicht nur gut auf einer Liste voller Jahreshighlights, sondern  natürlich auch unter dem Weihnachtsbaum. Für mich sind diese fünfzehn Bücher tatsächlich fünfzehn Lebensbücher, die mich noch eine ganze Weile weiter begleiten werden.

Wie war denn euer Lesejahr 2016? Habt ihr ein Lesehighlight, das euch besonders im Gedächtnis geblieben ist? Ich schwelge noch in den Erinnerungen und Geschichten dieses Jahres und bin gleichzeitig schon ganz gespannt auf das kommende Lesejahr und auf die Entdeckungen, die ich machen werde. Auch wenn das Jahresende immer dazu einlädt, Beschlüsse und Vorhaben zu fassen, habe ich keine Leseziele für das kommende Jahr – ich nehme mir auch nicht vor, keine Bücher zu kaufen, ich möchte mich stattdessen einfach durch das kommende Jahr treiben lassen, einkaufen und lesen und hoffentlich die eine oder andere Entdeckung machen, die ich mit euch teilen kann. Erhalten möchte ich mir auch meine Begeisterung, meine Neugier und meine Freude an guter Literatur – und natürlich auch am Bloggen.

Derweil verabschiede ich mich schonmal in den Bücherwinterschlaf, denn für mich geht es morgen mit einem Koffer voller Bücher auf die Insel Amrum – wir lesen uns dann im kommenden Jahr wieder, ich freue mich schon darauf!

Gelesene Urlaubsbücher

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Im vergangenen Jahr habe ich einen Artikel über all meine Ungelesenen Urlaubsbücher geschrieben. Über all die Bücher, die ich im Koffer auf die Insel schleppte, nur um sie eine Woche später ungelesen wieder zurückzutragen. Zu viel gab es damals gemeinsam mit Bandit zu erleben, zu wenig Zeit blieb dafür, die Urlaubslektüre zu lesen.

In diesem Jahr ist alles anders gewesen. Der Inselurlaub war schon lange gebucht und ich habe damals keinen Gedanken daran verschwendet, diese Reise möglicherweise ohne Bandit antreten zu müssen. Doch dann ist es genauso gekommen: mit ganz viel Büchern und einem riesigen Trauerkloß im Gepäck habe ich den Jahreswechsel auf Amrum verbracht.

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Ein Teil der Urlaubsbücher, die mit auf die Insel gekommen sind …

Natürlich habe ich auch in diesem Jahr nicht alles geschafft, was ich mir vorgenommen habe – ich habe wiedermal maßlos viel eingepackt. Wenn es um meinen Lesevorrat geht, überfällt mich immer wieder eine unbändige Gier und die irrationale Angst, der Lesestoff könnte mir ausgehen. Ihr kennt das wahrscheinlich auch, oder? Ich hoffe wirklich inständig darauf, nicht alleine damit zu sein. Gelesen habe ich dann aber doch so einiges und ich hoffe darauf, euch einige der Bücher in den nächsten Wochen ausführlich vorstellen zu können. Aber nun schon mal zu meiner Lesebeute in aller Kürze:

Träumen – Karl Ove Kn042_87414_158684_xxlausgard

Träumen ist der fünfte Band von Knausgards biographischem Projekt und ich habe das Gefühl, dass der norwegische Autor noch nie so umstritten gewesen ist, wie im vergangenen Winter. Knausgard schreibt mit großer Gelassenheit über all die Ängste und Selbstzweifel, die ihn sein ganzes Leben lang verfolgt haben. Beim Lesen stelle ich mir gar nicht die Frage, ob das nun große Literatur sei, sondern verschlinge das Buch einfach – es rührt und berührt mich einfach und sollte das nicht die Hauptsache sein?


978-3-498-06440-2Dankbarkeit – Oliver Sacks

Von Oliver Sacks habe ich vergangenen Jahr bereits seine sehr anregende und berührende Autobiographie On the move gelesen. In Dankbarkeit sind die letzten Essays versammelt, die der schwerkranke Oliver Sacks vor seinem Tod geschrieben hat. Das Buch ist sehr schmal, doch dem Autor gelingt es auch auf wenigen Seiten Einblicke in seine Gedankenwelt zu geben: Lebensfreude und Dankbarkeit stehen dabei im Vordergrund, genauso wie seine Arbeit, die er ein Leben lang geliebt hat. Ich glaube, ich werde für eine ganze Weile nicht anderes mehr verschenken, als dieses schmale Büchlein.


51DWSJubRCL._SX317_BO1,204,203,200_Euphoria – Lily King

In Euphoria verwebt Lily King ganz wunderbar Wirklichkeit und Fiktion: sie schreibt über eine Forschungsreise im Jahr 1932 und über das brisante Dreiecksverhältnis von Schuyler Fenwick, Elinor Stone und Andrew Bankston. Mit großer Begeisterung habe ich dieses Buch gelesen, das für mich weit mehr als ein Liebesroman gewesen ist – nebenbei werden auch interessante Einblicke in die Arbeit von Anthropologen gegeben. Inspiration hat Lily King dabei  übrigens die Lebensgeschichte von Margaret Mead gegeben.


Macdonald-HabichtH wie Habicht – Helen Macdonald

Helen Macdonald erzählt in H wie Habicht gleich mehrere Geschichten in einer: es ist zum einen eine Art Sachbuch über die Aufzucht eines Habichts, zum anderen ist es aber auch eine Geschichte von Verlust und Trauer. Erst als Helen ihren Vater verliert, entscheidet sie sich dazu, den Habicht Mabel abzurichten – die Arbeit mit Mabel hilft ihr dabei, einen Zugang zu ihrer eigenen Trauer zu finden. Für mich ist H wie Habicht ein wunderbar poetisches, großartig erzähltes Buch, aus dem ich ganz viel gelernt habe.


277a613aeff3e97cThe Art of Asking – Amanda Palmer

Seit ich den TED Talk von Amanda Palmer gesehen habe, wusste ich, dass ich auch dieses Buch von ihr lesen muss. Das Buch ist eine großartige Anleitung für alle Künstler und Freischaffende, die sich mit der Frage beschäftigen, wie sie ihren Lebensunterhalt verdienen können. Ich habe gelernt, dass es darum geht, in den richtigen Momenten um Hilfe zu bitten und vertrauen in die eigenen Ideen zu haben.


41eRPkJOHsL._SX312_BO1,204,203,200_Das Hotel New Hampshire – John Irving

“Kummer schwimmt immer oben” und “Bleib weg von offenen Fenstern” sind wohl zwei Sätze, die ich nie wieder vergessen werde. John Irving erzählt in diesem Roman eine wunderbar lebenspralle Geschichte, die alles hat, was eine gute Geschichte braucht: es ist ein Roman voll von Bären und schöner Sätze und es ist ganz sicherlich nicht das letzte Buch, das ich von John Irving gelesen habe.


Ich hatte trotz allem also einen ganz wunderbaren Leseurlaub und hoffe darauf, euch bald auch noch etwas ausführlicher von meinen aufgespürten Leseperlen erzählen zu können.

5 Fragen an Anna Weidenholzer!

© Lukas Beck

Die junge Schriftstellerin Anna Weidenholzer wurde 1984 in Linz geboren und lebt heutzutage in Wien. Sie hat Vergleichende Literaturwissenschaft in Österreich und Polen studiert und hat bereits einige Texte in Literaturzeitschriften und Anthologien veröffentlicht. Trotz ihres jungen Alters hat sie schon jetzt sowohl Preise und Auszeichnungen als auch Stipendien erhalten. 2010 erschien ihr Debütroman “Der Platz des Hundes”. Die Autorin hat eine eigene Homepage.

1.) Warum wollten Sie Schriftstellerin werden?

Es hat nie den Tag gegeben, an dem ich mir gedacht habe, so, jetzt werde ich Schriftstellerin. Es ist ja kein klares Berufsbild – was macht einen dazu, ist es ein Buch, ein veröffentlichter Text. Ich hätte es aber immer wunderbar gefunden, Schriftstellerin zu sein. Das Schreiben war immer irgendwo da und hat mich nie losgelassen.

 

2.) Gibt es einen Schriftsteller oder einen Künstler, der Sie auf Ihrem Weg besonders inspiriert hat?

Beim Schreiben inspiriert mich in erster Linie Musik, ich könnte zu jedem Text ein Mixtape erstellen. Bei “Der Winter tut den Fischen gut” wären das z.B. Joy Division, Bon Iver, Amanda Palmer. Schreiben ohne Musik ist unvorstellbar, deshalb bekomme ich auch manchmal Ohrenschmerzen, wenn ich zu lange an einem Text sitze.

Autorinnen und Autoren, die mich auf irgendeine Weise geprägt haben, gibt es einige, allen voran wohl Jura Soyfer, ein politisch engagierter Autor der Zwischenkriegszeit, er war der erste, mit dessen Leben und Werk ich mich in der Schulzeit intensiv auseinandergesetzt habe. Sein Romanfragment “So starb eine Partei” schildert sehr präzise die soziale Realität im Wien der 1930-er Jahre.

3.) Wann und wo schreiben Sie am liebsten?

Gleich nach dem Frühstück oder spät in der Nacht, bei Kaffee, Ingwertee, Bier oder Wein, gern auch im Liegen, unbedingt mit meinen Kopfhörern, am liebsten am Land.

4.) Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?

Zuletzt einen Lyrikband, “nicht ist wichtiger ding kleines du” von Judith Pfeifer, gerade “Donau. Biographie eines Flusses” von Claudio Magris und “The Collected Stories” von Lydia Davis.

5.) Was würden Sie einem jungen Schriftsteller raten?

Sich auf das Leben einlassen.

Herzlichen Dank an Anna Weidenholzer für die Beantwortung meiner Fragen!

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